«Tagesschau»-Beitrag «Mängel bei jedem dritten Lastwagen beanstandet I

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Mit Ihrer E-Mail vom 29. März 2019 beanstandeten Sie die «Tagesschau» (Fernsehen SRF) vom 28. März 2019 und dort den Beitrag «Mängel bei jedem dritten Lastwagen»[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich beziehe mich auf die ersten 12 Sekunden des Videos im oben genannten Beitrag.

In meinen Augen ist die Verwendung dieses Videoausschnittes mit dem Kommentar über LKWs, bei denen technische Mängel festgestellt wurden nichts anderes als Rufmord an der Transportfirma.

Vor allem weil der betreffende Vorfall überhaupt nichts im technischen Mängeln an LKWs zu tun hatte.

Die Ausrede, dass der Firmenschriftzug in dem von der Tagesschau verwendeten Videos unkenntlich gemacht wurde, ist nichts anderes als Augenwischerei. Alle, die in den Onlinemedien den Beitrag über den Unfall vom 27.03.2019, mit dem dazugehörigen Leservideo gesehen haben, wussten genau, woher der Videoausschnitt aus der Tagesschau kam.

Ich erwarte von einer staatlichen, mit Gebürengeldern finanzierten Fernsehanstalt, dass sie keine falschen Informationen verbreiten.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Tagesschau» antwortete Herr Franz Lustenberger, ehemaliger stellvertretender Redaktionsleiter der Sendung.

«Mit Mail vom 29. März hat Herr X eine Beanstandung gegen die Tagesschau vom 28. März eingereicht. Es geht um den Beitrag über Mängel bei Lastwagen.

Die Beanstandung richtet sich gegen die Einstiegssequenz in den Beitrag, der einen fahrenden Lastwagen mit kaputter Achse auf der A1 zeigt. Dieses Amateurvideo war aktuell und zeigt drastisch, was bei einem Vorfall mit einem Lastwagen passieren kann. Vorfälle mit Lastwagen stellen für alle Verkehrsteilnehmenden eine grosse Gefahr dar.

Als Symbolbilder wurden unter anderem ein paar wenige Sekunden dieses Videos gezeigt. Bei diesem Symbolbild wurde der Schriftzug des Lastwagens richtigerweise unkenntlich gemacht, weil es im Beitrag nicht speziell um diesen Vorfall auf der A1 ging, sondern um das generelle Sicherheitsrisiko, das mangelhafte LKW’s darstellen können.

Wenn andere Medien dieses Video unbearbeitet verbreitet haben, kann dies nicht der Tagesschau angelastet werden. Die Tagesschau hat die Herkunft des Lastwagens weder im Bild noch im Ton genannt. Zum Zeitpunkt der Produktion des Beitrages (28. März) war die Ursache des Vorfalls auf der A1 nicht bekannt.

Wie dramatisch aber Vorfälle mit Lastwagen enden können, zeigt der Vorfall im Gotthardtunnel vom 24. April:

<Im Gotthard-Tunnel hat sich ein schwerer Unfall ereignet. Ein Autofahrer wurde durch ein Rad, das sich von einem Lastwagen löste, tödlich verletzt.

Der Unfall ereignete sich laut Angaben der Kantonspolizei Uri am Mittwochmorgen gegen 9.15 Uhr rund zwei Kilometer vor der Tunnelausfahrt in Göschenen. Der Chauffeur eines Sattelmotorfahrzeugs mit Anhänger war in Fahrtrichtung Norden unterwegs, als sich aus bisher ungeklärten Gründen ein Rad des Fahrzeugauflegers löste.» (Quelle: Luzerner Zeitung/SDA).>

Der Fokus des beanstandeten Beitrags lag auf den Zahlen des Bundesamtes für Strassen Astra zu den Mängeln von kontrollierten Lastwagen auf Schweizer Strassen. Aus Sicht der Vereins Alpeninitiative sind diese Mängel ein grosses Problem für die Sicherheit auf den Schweizer Strassen, insbesondere auf den Transitachsen im Alpenraum. Der Vertreter des Astra weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass in der Zahl sowohl kleinste Beanstandungen (kaputter Scheibenwischer) wie auch grobe Beanstandungen (kaputte Bremsen) enthalten sind. Letzteres ist im breiten Verständnis des Publikums besorgniserregend.

Im Weiteren geht es um den Stand und den Ausbau von Kontrollzentren. Alle Bilder – mit Ausnahme der beanstandeten Videosequenz – stammen aus Kontrollzentren; sie zeigen, wie genau in diesen Zentren im Interesse der höchstmöglichen Sicherheit auf den Strassen gearbeitet wird.

Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung des Beitrags. Ausgangspunkt des «Tagesschau»-Beitrags war eine Medienmitteilung des Bundesamts für Straßen (ASTRA), die über die im Jahr 2018 durchgeführten Kontrollen bei Schwerverkehrsfahrzeugen informierte.[2] Danach wurden 90’459 Fahrzeuge kontrolliert und rund 20'000 beanstandet. Außerdem wurde in 439 Betrieben die Arbeits- und Ruhezeit kontrolliert; um die 90 Betriebe wurden beanstandet. Diese Medienmitteilung wirft zwei Anschlussfragen auf: Wie gefährlich ist es, wenn Schwerverkehrsfahrzeuge mit Mängeln unterwegs sind? Und: Wie können die Kontrollen noch intensiviert werden?

Der «Tagesschau»-Beitrag beantwortete beide Fragen. Mit einem aktuellen Beispiel vom Vortag zeigte er, was auf dem Spiel steht, wenn ein Lastwagen mit Anhänger auf der Autobahn herumschlingert. Dieses Fahrzeug hatte offensichtlich Defekte an Achsen und Rädern. Es beschädigte Verkehrseinrichtungen im Gubristtunnel, fügte allerdings glücklicherweise weder anderen Fahrzeugen noch Menschen Schaden zu. Die Autobahn musste teilweise gesperrt werden. Gestützt auf die Medienmitteilung informierte der Beitrag weiter darüber, wie das Bundesamt die Schwerverkehrskontrollzentren vermehren will.

In beiden Punkten war der Beitrag untadelig. Das Beispiel eines gefährlich zirkulierenden Fahrzeugs war nötig, weil ein Bildmedium nur so abstrakte Informationen veranschaulichen kann. Der Firmenname auf dem Fahrzeug wurde korrekt gepixelt, so dass niemand ohne Gegenwehr an den Pranger gestellt wurde. Auch die Karte mit den bestehenden und geplanten Schwerverkehrskontrollzentren war korrekt. Beides war sachgerecht. Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen, da Ihre Unterstellung eines Rufmords nicht zutrifft.

Nicht korrekt war hingegen der Titel des Beitrags: «Mängel bei jedem dritten Lastwagen». Richtig ist, wie Moderator Franz Fischlin es in der Anmoderation sagte, dass bei den Schwerverkehrsfahrzeugen – also nicht nur bei bei Lastwagen, sondern auch bei Sattelschleppern, Lieferwagen und Gesellschaftswagen -, die in den Schwerverkehrskontrollzentren kontrolliert wurden, rund ein Drittel mangelhaft war. Bei jenen Fahrzeugen hingegen, die mobil kontrolliert wurden, mussten rund 17 Prozent beanstandet werden. Insgesamt ergab sich eine Beanstandungsquote von knapp einem Viertel der Fahrzeuge. Das ist die Tücke der Statistik! Die falsche Verkürzung muss ich rügen, allerdings haben Sie dies gar nicht beanstandet.

Zum Schluss möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass SRF keine «staatliche Fernsehanstalt» ist, wie Sie es nennen. Der Rahmen für Radio und Fernsehen in der Schweiz, auch für private Veranstalter, wird zwar vom Gesetzgeber bestimmt, und der Staat verordnet die Finanzierung über Gebühren, aber inhaltlich sind Radio und Fernsehen in der Schweiz vom Staat unabhängig, auch die SRG. Sie tanzen nicht nach der Pfeife des Bundesrates, im Gegenteil: Alle Medien, auch die SRG, haben das Recht, Regierung und Parlament zu kritisieren. Dort, wo es wirklich Staatsmedien gibt – beispielsweise in China, in Ägypten, in Russland oder in Thailand – sind diese Medien Lautsprecher der jeweiligen Regierung.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/maengel-bei-jedem-dritten-lastwagen?id=8b535809-c279-4af3-9e5f-5a7e63272f28

[2] https://www.astra.admin.ch/astra/de/home/dokumentation/medienmitteilungen/anzeige-meldungen.msg-id-74491.html

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