«Deville» Umfrage «SOS FDP» beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 1. April 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Deville» vom 31. März 2019[1] und dort die Umfrage «SOS FDP».[2] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Nach Art. 4 RTVG ist die SRG als gebührenfinanziertes halböffentliches Unternehmen an die Grundrechte der Bundesverfassung gebunden und insbesondere zur objektiven und politisch neutralen Arbeit verpflichtet. Auch im Rahmen der No-Billag-Initiative vor einem Jahr wurde stets behauptet, die SRG arbeite stets politisch neutral und objektiv. Dieser Grundsatz ist durch die Aufschaltung solcher Webseiten und Lancierung von Hetzkampagnen gegen nur eine politische Richtung klar verletzt. Bereits in früheren Sendungen wurde einseitig gegen die Politik der FDP geschossen.
Es kann nicht angehen, dass ein staatlich finanziertes Unternehmen Staatsgelder zwangsweise erhebt und diese für Kampagnen gegen eine spezifische Partei ausgibt. Dies verletzt die Gleichbehandlung und die objektive Berichterstattung erheblich. Die SRG erkauft sich ihre privilegierte Sonderstellung als monopolisierte Gesellschaft auf dem Markt mit der Bindung an die Grundrechte der Bundesverfassung. Politische Satire darf daher nicht nur in eine Richtung erfolgen, sondern muss ausgewogen sein. Das konstante FDP-Bashing ist somit nicht statthaft und eines öffentlichen Radio und Fernsehens nicht würdig. Es ist nicht die Aufgabe und noch weniger die Kompetenz der SRG, aktiv politische Propaganda zu machen – denn genau dies ist der Grund für deren Monopolstellung. Wird diese Pflicht zur Neutralitätswahrung nicht eingehalten, verliert die SRG jegliche Legitimation, gegenüber den privaten Anbieter privilegiert behandelt zu werden.
In einem liberalen Staat wie die Schweiz ist es nicht zulässig, dass Zwangsgebühren von der Allgemeinheit erhoben werden, welche in politische Hetzpropaganda gegen eine politische Richtung investiert werden. Auch verschiedene Sendungen und Äusserungen von Michael Elsener seien hierbei als Beispiele erwähnt.
Die FDP und so auch ich können sowohl mit sachlicher Kritik, wie auch mit Satire sehr gut leben. Dies ist auch Ausdruck der Meinungs- und Informationsfreiheit. Geht Satire jedoch bewusst und kategorisch nur in eine politische Richtung, ist der Grundgedanke eines öffentlichen Fernsehens klar verletzt. Die objektive Berichterstattung, das Gleichbehandlungsgebot und die politische Neutralität werden dabei mit Füssen getreten – und die Argumentationen, welche im Rahmen vergangener Abstimmungen zum RTVG und zur No-Billag ins Feld geführt wurden, erscheinen als völlig lächerlich.
Staatliche finanzierte Propaganda darf in der Schweiz nicht toleriert werden.
Sollte meine Beschwerde abgewiesen werden, wer ich mir den Gang zur UBI vorbehalten.
Ich bitte Sie, den Eingang meiner Beschwerde gemäss Art. 92 RTVG zu bestätigen. Sie erfolgte zudem fristgerecht nach Art. 92 Abs. 2 RTVG.»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für «Deville» äußerte sich Herr Daniel Kaufmann, Senior Producer Comedy:
«Gerne nehmen wir zur Beanstandung von Herrn X Stellung.
Bei ‘Deville’ handelt es sich um eine Satiresendung. Satire ist ein besonderes Mittel der Meinungsäusserung, bei dem sich die Form bewusst nicht kongruent zu dem verhält, was sie hinterfragen will. Sie übersteigert die Wirklichkeit, verfremdet sie, stellt sie um, kehrt wieder zu ihr zurück, banalisiert sie, karikiert sie, macht sie lächerlich. Dabei ist es aus programmrechtlicher Sicht zentral, dass der satirische Charakter für das Publikum erkennbar ist. Der satirische Charakter bei ‘Deville’ ist klar erkennbar.
In der Sendung vom 31. März hat sich ‘Deville’ mit einer Aktion der FDP beschäftigt. Die FDP hat in einer gross angelegten Umfrage unter ihren Mitgliedern eine Standortbestimmung der Partei in Klimafragen vorgenommen. Eine spektakuläre Aktion, die in der Partei wie in den Medien gross diskutiert wurde. Klar, dass sich auch ein Satireformat wie ‘Deville’ damit beschäftigt. Der satirische Ansatz war dabei, eine eigene Klimaumfrage zu starten über eine eigens errichtete Homepage, die allen Menschen offensteht; nicht nur den FDP-Mitgliedern. Über 3400 Menschen nahmen daran teil, die Resultate wurden der FDP übermittelt.
Herr X beschwert sich, die Sendung habe <eine Webseite aufgeschaltet, welche sich auf die Klimaumfrage der FDP Schweiz bezieht und sich über diese lächerlich macht>. Ja. Selbstverständlich nahm die Sendung mit ihrer eigenen Umfrage die FDP-Umfrage auf die Schippe. Das ist das Wesen der Satire.
Offenbar hat auch Parteipräsidentin Petra Gössi Verständnis für diese Art von Satire. Sie hat sich bei Dominic Deville bedankt und mit einer satirischen Umfrage gekontert, in der sie unter anderem Deville auf die Schippe nimmt.[3]
Die FDP wurde Thema eines satirischen Beitrags, weil sie eine aufsehenerregende Aktion gestartet hat. Eine andere Partei mit einem ähnlichen Event wäre genauso Thema geworden. Das ist keine Hetzkampagne gegen eine Partei, wie Herr X vermutet, sondern die Beschäftigung mit einem Thema, mit dem sich auch andere Medien und die Partei selbst kontrovers auseinandersetzen. Herr X bemerkt, dass auch Michael Elsener in der Sendung ‘Late Update’ FDP-Themen bearbeitet hat. Das stimmt. Wie Themen anderer Parteien auch. Und gleichzeitig kamen bei ‘Late Update’ mit Andrea Caroni und Andri Silberschmidt prominente Vertreter der FDP bzw. der Jungliberalen im Talk ausführlich zu Wort und hatten Gelegenheit zu kontern. - Wir bedanken uns für die Gelegenheit zur Stellungnahme.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Sie anerkennen, dass die Sendung «Deville» Satire betreibt, aber Sie beanstanden, dass sie nur in eine Richtung gehe, nämlich in die der FDP, und nicht ausgewogen sei. Da verkennen Sie aber den Charakter der Satire. Satire kann nie ausgewogen sein. Sie geht immer in die Richtung jener, die besonders auffällig sind, und sie geht vorwiegend in die Richtung der Mächtigen. Diejenigen, die einflussreich sind, müssen sich mehr satirische Angriffe gefallen lassen als die Schwachen. Im Übrigen bekommen in dieser Sendung auch andere Parteien ihr Fett ab. Aber Ihre Diagnose, die Erstellung einer «Deville»-eigenen, witzigen FDP-Umfrage zur Klimathematik, sei eine Hetzkampagne, und Ihre Forderung, Satire müsse neutral und objektiv sein, entbehrt jeder Grundlage. Satire, die neutral ist, ist keine Satire mehr. Erzählen Sie mal einen Witz, der neutral ist! Das funktioniert nicht. Denn Witze und Karikaturen und satirische Filme, Bühnenstücke oder Lieder sind Kommentare, und in Kommentaren ergreift der Autor oder die Autorin immer Partei, ist also nie neutral. Aber Kommentare, auch scharfe Kommentare, sind noch lange keine Hetzkampagnen. Wer hetzerisch ist, missachtet sämtliche Grundrechte und überschreitet den Rahmen der Meinungsäußerungs- und Kunstfreiheit der Satire. Das kann vorkommen. Das ist aber nicht der Fall, wenn Satire eine Partei auf die Schippe nimmt. Und mit Verlaub: Auch die Reaktion von Parteipräsidentin Petra Gössi ist witzig! Ihre Beanstandung kann ich jedenfalls nicht unterstützen.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,Roger Blum, Ombudsmann
[1] https://www.srf.ch/play/tv/deville/video/demokratiewaste?id=6cef0f67-7426-4194-b32b-90193b8e9153
[2] https://sos-fdp.ch/?fbclid=IwAR2lUKO7jupo1tV8Gq2NmTN1ja9sMvQr2kee_isSElukysinaVNIY4y3ISM
[3] Vgl. Anhang
Kommentar