Radio SRF-Sendung «Espresso», «Gestrandet am Flughafen – Germania kann Abflüge nicht garantieren» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 24. April 2019 haben Sie den «Espresso»-Beitrag «Gestrandet am Flughafen – Germania kann Abflüge nicht garantieren» vom 18. April 2019 beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

Hiermit beanstande ich die häufigen espresso-Beiträge, wo Reklamationen von Flugreisenden - mit Steuergeld und Zwangsgebühern - unterstützt werden:

Guten Tag espresso, Herr Fritsche, Frau Ferrara etc etc.

Vor Ostern: Schon wieder ein Beitrag, an dem Sie Reklamationen von Fliegenden breit ausgewalzt ha­ben. Verstehen Sie den Widerspruch immer noch nicht?

Fliegen ist und bleibt DER Klima-Killer. Und Flugzeuge sind befreit von Kerosin-Steuern und Abgaben, welche fast alle anderen Motoren zahlen müssen - ungerecht und politisch ein Skandal sonderglei­chen.

Und zentral ist: Wer Billigflieger bucht, soll nicht erstaunt sein und schon gar nicht reklamieren, wenn ihm/ihr etwas nicht passt oder wenn die Flieger unbequem, verspätet sind oder bruchlanden... Mit ih­ren Billigpreisen locken diese Gesellschaften Massen an, welche sich fliegen sonst nicht leisten könn­ten. Auf Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt - und womöglich der Sicherheit. Für 60 Euro nach Berlin fliegen - das deckt nicht mal die damit verursachten direkten Umweltschäden. Was haben diese Passagiere für dekadente Ansprüche? Und daraufhin pilgern sie an Klima-Demos... Völlig widersprüch­lich, diese Haltungen!

Fliegen soll eben NICHT zum Alltag gehören - und wenn schon, dann nicht das Reklamieren der Flie­genden, sondern der Schutz der darunter Leidenden.

Aber SRF springt regelmässig in die Bresche der Flug-Reklamierenden - das ist völlig daneben. Ihr Sendeformat "Espresso" heizt so den Klimawandel nur noch an!

Und unser zwangsfinanziertes SRF bringt im Schnitt alle 14 Tage solchen unnötigen Seich, konkret: Reklamationen im Zusammenhang mit fliegen. Halten Sie den Menschen besser den Spiegel vor, da­mit ihnen das Fliegen richtig verleidet. Fliegen ist immer freiwillig, aber extrem klimaschädigend. Von den Millionen Menschen, welche unter Fluglärm leiden und gar nie fliegen, berichtet SRF dagegen kaum! Ich weiss, wovon ich rede: Als in Höngg Aufgewachsener, direkt unter den Abflugrouten der damaligen DC8, DC10, Tupolev und Konsorten.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Frau Ursula Ga­bathuler, Redaktionsleiterin «Kassensturz/Espresso», schrieb:

Mit E-Mail vom 24. April 2019 wendet sich X an die Ombudsstelle SRG.D und beanstandet, dass «Espresso» immer wieder Beiträge bringe, die sich mit Fluggast-Reklamationen und -Rechten be­fassen. Er hat sich deswegen auch schon mehrfach direkt bei der «Espresso»-Redaktion gemeldet.

Anlass zur Beschwerde bei der Ombudsstelle gab Herrn X nun ein Beitrag vom

18. April 2019. In diesem wurde die Krise der Airline «Air Germania» beziehungsweise deren Schwei­zer Ablegerin thematisiert.

Es gab mehrere Hörermeldungen über Flugausfälle, Verspätungen oder Überbuchungen. «Espresso» ging diesen Hörermeldungen und den Gründen für die Probleme nach. Die Airline räumte tatsächlich ein, man stecke in Schwierigkeiten, wolle den betroffenen Passagieren aber so gut als möglich «mit Lösungen zur Seite stehen». Im Online-Artikel zum Beitrag haben wir ältere Beiträge mit Tipps, was Fluggäste in solchen Situationen tun können, verlinkt.

Beim Beitrag «Germania kann Abflüge nicht garantieren» handelte es sich um eine klassische «Es­presso»-Geschichte: Anwaltschaftlich, wenn möglich mit einer Lösung für die Betroffenen und einem Mehrwert auch für nicht betroffene Zuhörerinnen und Zuhörer.

Herr X schreibt, damit ziele «Espresso» am Kernproblem vorbei, nämlich dem Flugverkehr als Mitverursacher des Klimawandels. Wer Billigflieger buche, müsse sich nicht beklagen. Und statt die Klagen dieser Leute aufzugreifen, müsste «Espresso» dem Publikum sagen, dass Fliegen klimaschädi­gend sei und dass man deshalb besser gar nicht ins Flugzeug steigen solle. Oder den Fokus auf jene legen, die unter dem Fluglärm leiden.

Für «Espresso» schliesst das eine das andere nicht aus. «Fliegen zum Spottpreis – Brauchts ein Flug­verbot für Europaflüge?», haben wir beispielsweise in der Sendung vom 25. September 2018 gefragt. In der Sendung vom 20. März 2019 beschäftigten wir uns mit der nur harzig vorangehenden CO2-Kompensation von Flugreisen. Wir berichteten auch schon über die negativen Folgen von Kreuzfahrten und über die nur schleppend voranschreitende Elektrifizierung des Individualverkehrs.

Kurz: Wir greifen immer wieder auch Umweltthemen aller Art auf. Naturschutz und Nachhaltigkeit sind keine Fremdwörter für uns. Und der Redaktion ist bewusst, dass die Umwelt am meisten profitieren würde, wenn niemand mehr fliegen würde.

Aber jeden Fluggast-Ärger auf diese Ebene zu bringen und die Botschaft zu vermitteln «Ja, dann flie­gen Sie doch einfach nicht mehr», wäre unfair gegenüber denjenigen Leuten, die sich bei uns melden, und würde ja letztlich unsere Sendung ad absurdum führen.

Dass die Leute fliegen und dabei Probleme bekommen, ist eine Realität, die wir als Konsumentenma­gazin nicht ausblenden können und wollen. Aber Hut ab vor Leuten wie Herrn X, die der Umwelt zuliebe ganz aufs Fliegen verzichten.

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen bitten wir Sie, die Beanstandung als unbegründet zurückzu­weisen.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Sie regen sich heftig darüber auf, dass sich die Sendung «Espresso» immer wieder mit dem Thema Fluggastreklamationen und Flug­gastrechte befasst, statt das Publikum darauf hinzuweisen, dass Fliegen klimaschädigend ist und man deshalb dringend darauf verzichten sollte.

«Espresso», das Konsumenten-Magazin von Radio SRF 1 beschreibt sich im Sendeportrait wie folgt: «Die Sendung informiert kritisch, kontrovers und hintergründig. «Espresso» berichtet aber auch tagesaktuell und unterhaltend über alle Themen, die Konsumentinnen und Konsumenten be­schäftigen oder betreffen».[1] Diese Prämissen löst «Espresso» ein, und zwar einerseits mit Beiträ­gen, die Sie kritisieren, wie beispielsweise «Gestrandet am Flughafen – Germania kann Abflüge nicht garantieren»[2] oder «Kampf für Fluggastrechte – Entschädigung für verspätete Flüge: Jurist will Leitur­teil» [3]. Andererseits berichtet das Konsumenten-Magazin auch kritisch über die Billigfliegerei zum Bei­spiel mit dem Beitrag «Fliegen zum Spottpreis – Brauchts ein Flugverbot für Europaflüge?»[4] oder «Trotz Zunahme – Höchstens ein Passagier pro Flugzeug bezahlt CO2-Kompensation»[5].

«Espresso» richtet sich also ein breites Publikum, an Vielflieger und Klimaaktivisten, an Fleischesse­rinnen und Vegetarierinnen, an Raucher und Nichtraucher oder an Chefinnen und Mitarbeiterinnen. Es geht nicht darum, eine Seite in den Himmel zu heben und die andere zu verteufeln, sondern für alle Konsumentinnen und Konsumenten jeweils hilfreiche Hinweise zu geben. Damit deckt die Sendung eine grosse Spannbreite an Themen ab.

Es darf daher nicht sein, dass die Verantwortlichen von «Espresso» eine Gruppe des Publikums aus­schliesst oder anprangert. Vielmehr geht es darum, ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu be­leuchten; genau so, wie es beispielsweise der Thematik rund ums Fliegen gemacht wurde. Es geht bei kontroversen Themen darum, dass keine Seite zu kurz kommt, kurz, dass ausgewogen berichtet wird. Und das tut «Espresso» mit seiner breiten Themenpalette.

«Espresso» fordert in dem von Ihnen kritisierten Themenbereich niemanden auf, ein Flugzeug zu besteigen. Insofern können Sie auch nicht behaupten, dass «Espresso» den Klimawandel anheize.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass «Espresso» die Anliegen aus dem Publikum zum Thema Luftverkehr aufgreift, die Themen sorgfältig sowie differenziert angeht und über den Lauf der Zeit mit kontroversen Ansätzen zu einem ausgewogenen sowie kritischen Bild beiträgt. Auch wenn ich für Ihr Anliegen Verständnis habe und Sie sich berechtigterweise um das Klima Sorgen machen, kann ich Ihre Beanstandung aus den oben erläuterten Gründen nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernseh­geset­zes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfü­gung.

Mit freundlichen Grüssen,
Manfred Pfiffner, stv. Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/sendungen/espresso/sendungsportraet

[2] https://www.srf.ch/news/schweiz/gestrandet-am-flughafen-germania-kann-abfluege-nicht-garantieren

[3] https://www.srf.ch/news/schweiz/kampf-fuer-fluggastrechte-entschaedigung-fuer-verspaetete-fluege-jurist-will-leiturteil

[4] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/fliegen-zum-spottpreis-brauchts-ein-flugverbot-fuer-europafluege

[5] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/hoechstens-ein-passagier-pro-flugzeug-bezahlt-co2-kompensation-2

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