SRF 1-, SRF 4 News- und SRF News-Beiträge über Mord an iranischen General Soleimani beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 3. Januar 2020 beanstandeten Sie Sendungen von Radio SRF und Radio SRF 4 News sowie Artikel von SRF News, alle vom 3. Januar 2020, so in «Heute Morgen» («General Soleimani durch US-Raketen getötet»), ferner in den News («Hat Trump alle Konsequenzen durchgerechnet?») und Online («USA töteten iranischen General – Iran droht mit ‘schwerer Rache’» sowie «’Das ist eine Kriegserklärung der USA’»).[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Ich beanstande wegen Nicht einahlten des Sachlichkeitsgebotes folgende Berichterstattung des Schweizer Fernsehen, SRF.ch und Radion SRF 4 vom 3.1.2020 Zum Thema Tötung des Terrors-Generals Soleimani. In der einseitigen, unsvollständigen Berichtersattung wurde alles unternommen, um die USA und der Intimsfeind vom Schweizer Fernsehen D. Trump in ein schlechtes Licht zurücken.
Dafür verschwieg das Schweizer Fernsehen folgendes. Und stellte Dinge falsch dar:
- Der vorherige Angriff auf das Konsulat der USA wurde durch SRF kleingeredet und kaum erwähnt So etwa fand es hier wie überall sonst erhebliche Erwähnung.[2] Das ist ein wichtiger Punkt. Welche Seite mit der Eskalation begonnen hatte. Alle anderen Medien aussehralb der Schweiz setzen hier den Zusammenhang her.. Beim Radio.Beitrag wird lediglich davon gesprochen wie die USA den Angriff auf die USA-Botschaft behauptete. auf SRF.ch ist ein kleiner Artikel darüber, bewusst ABGETRENNT vom übrigen Beitrag. Warum war da eine eigenen Beitragsbalken notwendig. Es ist ein direkter Zusammenhang. Es gibt für mich nur die Schlussfolgerung, dass das Schweizer Fernsehen diesen Zusammenhang mit allen MItteln vermeiden wollte.
- Erwähnte das Schweizer Fernsehen und Radio SRF die Angriffe auf die USA-Botschaft wenigstens noch leise. Wurde vom Radio Schweizer Fernsehen und SRF.ch aber gänzlich die Person Soleimani dargestellt. Soleimani galt als einer der schlimmsten Terror-Kommanteure. Dies findet sich in der Berichterstattung NICHT. Ganz im Gegenteil. Im wieder einseitigen Interview verhielt sich das Schweizer Fernsehen mit einer skandalösen Frage entlarvend. ZITAT: Soleimani galt als eher mässigende Figur. Ist man sich in den USA bewusst, Er sei eine mässigende, Bedeutung gemässigte Person. Wie fahrlässig kann sich das Schweizer Fernsehen verhalten? Getrieben von ihrem blinden Hass gegen Trump wird sogar ein Terror-General als gemässigte Person bezeichnet.
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- Alle berichteten über den schlimmen Terror-General. Nur das Schweizer Fernsehen bezeichnet ihn als ‘gemässigte’ Person. Das ist unglaublich. Nur um die USA und Trump als die Bösen und Schuldigen hinzustellen. Wie beurteilt die Ombudsstelle SRG dass ein Terror-General als ‘gemässigte Person’ verharmlosend bezeichnet wird?
- Die Verletzung des Gebotes der Ausgewogenen Berichtersattung zeigt sich auch warum erneut kein Interview mit jemanden geführt wurde welche Soleimani als die Person bewertete, welche er war. Oder die USA verteidigten. Wieder nur einseitige Verunglimpfung der USA und Trump.
Wird dem Bürger bewusst getäuscht wie dies das Schweizer Fernsehen machte, entstehen natürlich nicht differenzierte Sichtweisen. Die ganzen Hatespeeach in den Kommentaren, zeigen wie das Schweizer Fernsehen mit dieser einseitigen Berichterstattung das Ziel erreichte.
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3. Beanstandungswürdig mMn wie WIEDER das Schweizer Fernsehen doch die Vorlage gab mit der Frage Hat der Schritt einen Zusammenhang mit dem gegen Trump laufenden Amtsenthebungsverfahren? Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung. Eine so schwere Unterstellung müsste das Schweizer Fernehen unterschiedlichen Personen stellen. Nicht nur einem ‘Experten’ welcher von Anfang bis zum Ende des Interviews gegen die USA und Trump schimpft. Warum kommt hier nur immer die Seite in Interviews zu Wort, welche die USA und insbesondere Trump und die Republikaner kritisieren?
Das Schweizer Fernsehen ist in der Pflicht Sachgerecht zu berichten. Und einen Terror-General nicht als ‘mässigende’ Person zu verharmlosen. Das Schweizer Fernsehen wäre gut beraten Ihren abrundtiefen Hass gegen Trump Privat auszuleben. Und nicht in die Berichterstattung jedes Mal einfliessen zu lassen.»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Die Antwort für Radio SRF «Heute Morgen», für Radio SRF 4 News und für SRF News kam von Herrn Fredy Gsteiger, stellvertretender Chefredaktor von Radio SRF:
«Besten Dank für die Gelegenheit, Stellung zu nehmen zur Beanstandung von Herrn X. Herr X greift aus der überaus umfangreichen Berichterstattung von Radio SRF und SRF News zwei Online-Artikel heraus und wirft uns basierend darauf vor, das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt zu haben.
Die Rede ist in der Beanstandung zum Teil auch vom Schweizer Fernsehen. Zur Fernsehberichterstattung äussere ich mich hier mangels Zuständigkeit nicht.
Getötet wurde der iranische General Kassem Soleimani in der Nacht auf Freitag, den 3. Januar. Entsprechend war das Thema bereits in der Sendung ‘Heute Morgen’ an diesem Freitag der Aufmacher. Washington-Korrespondentin Isabelle Jacobi stellte in einem kurzen Beitrag die Fakten dar. Sie machte deutlich, dass die US-Behörden von einem Vergeltungsschlag sprechen. Und sie zitierte die Erklärung des Pentagon, dass es den USA darum gehe, den Iran vor weiteren Angriffen auf US-Ziele abzuschrecken. Zumal, so Isabelle Jacobi weiter, Soleimani aktiv geplant habe, weitere US-Diplomaten und -Soldaten anzugreifen.
Die Berichterstattung setzte sich in der Mittags-Primetime fort. Dort lieferte Auslandredaktorin Simone Fatzer eine nüchterne Nachrichtenzusammenfassung mit dem Fokus auf der Tatsache, dass die von Präsident Donald Trumps angeordnete Aktion in den USA selber von den Demokraten heftig kritisiert, von den Republikanern jedoch entschieden unterstützt wird. In einem Gespräch erläuterte dann Nahostredaktor Philipp Scholkmann die Hintergründe. Er schätzte Soleimani als Schlüsselfigur des iranischen Regimes ein, er bezeichnete ihn als Architekten der iranischen Politik, über verbündete Milizen seinen Einfluss im Nahen Osten auszudehnen, was in Washington und Israel als Staatsterrorismus, im Iran jedoch als Vorwärtsverteidigung bezeichnet werde. Und er nannte als Auslöser dieser jüngsten Eskalation die – direkten oder indirekten – iranischen Angriffe. Nicht zuletzt jene etwas weiter zurückliegenden auf saudische Ölanlagen, aber ebenso die Angriffe auf US-Militäranlagen im Irak und die Belagerung der US-Botschaft in Bagdad.
Am Abend desselben Tages schliesslich kamen wiederum Philipp Scholkmann sowie Isabelle Jacobi zu Wort. Isabelle Jacobi äusserte dabei ihre Einschätzung, wonach Präsident Trump nicht den Krieg erklären wollte, ja, dass man in Washington wohl ohnehin nicht an einem offenen Konflikt interessiert sei. Auf die Frage des Moderators, ob es um Vergeltung gehe für die iranischen Angriffe auf die US-Botschaft in Bagdad, bestätigte sie, dass dem gemäss ihrer Einschätzung so sei und dass die USA damit demonstrieren wollten, dass das Mass voll sei. Die Belagerung der US-Botschaft sei, so Jacobi, der Tropfen auf den heissen Stein gewesen. Scholkmann wiederum ergänzte, bei Soleimani habe es sich um eine mächtige, charismatische Figur gehandelt. Um einen Militärführer, der in seinem Land den Nimbus eines Siegers gehabt habe. Er erwähnt schliesslich, dass der Iran Raketen besitze, die auch Tel Aviv erreichen könnten.
In einem Interview schliesslich mit Stephan Bierling, einem renommierten Experten für US-Aussenpolitik, das auf SRF4 News ausgestrahlt und in Auszügen auf SRF News publiziert wurde, ging es erneut um die Motivation für den US-Angriff auf Soleimani. In einer Zwischenschlagzeile und damit prominent platziert wird in diesem Online-Artikel die Pentagon-Sicht dargestellt: <Wir wollen keinen Krieg>. Und ebenfalls als Kasten hervorgehoben findet sich der Bezug zu der zum damaligen Zeitpunkt etliche Tage zurückliegenden Belagerung der amerikanischen Botschaft in Bagdad. Allzu verkürzt ist aus meiner Sicht die Frage, die mit dem Satz <Soleimani galt als eher mässigende Figur...> beginnt. Mit der Formulierung ‘galt als’ wird zwar deutlich gemacht, dass nicht wir selber zu dieser Einschätzung gelangen. Das hätte aber noch deutlicher gemacht werden können und sollen, indem der Fragesteller präzisiert hätte: <Soleimani galt im Iran als eher mässigende Figur>. Was sich vermutlich damit erklären lässt, dass Soleimani den schiitischen Fundamentalismus anderer Führungsfiguren im Teheraner Regime nie geteilt hat.
Gestellt wurde schliesslich auch die Frage, ob es einen Zusammenhang gebe zwischen dem Angriff auf Soleimani und dem Impeachment-Verfahren. Eine legitime Frage, wissen wir doch aus der Geschichte, dass immer wieder aussenpolitische Aktionen anberaumt wurden, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Der befragte Experte, Stephan Bierling, meint dazu vorsichtig, das könne man nicht ausschliessen. Das Bedürfnis, die Aufmerksamkeit auf die Aussenpolitik zu lenken, sei zumindest denkbar.
Unsere Berichterstattung sowohl am ersten Tag nach Soleimanis Tötung als auch in den Tagen darauf, machte wiederholt deutlich, dass der Anschlag keinesfalls aus heiterem Himmel erfolgte, sondern eine lange Vorgeschichte hatte: die iranischen Nadelstiche gegen Schiffe im Persischen Golf, den folgenschweren Anschlag auf die saudischen Ölanlagen, die Angriffe auf US-Militärstützpunkte mit Todesfolgen, die Belagerung der US-Botschaft. Es trifft keineswegs zu, dass wir diese vorgängige Eskalation – bewusst oder unbewusst – ausgeblendet hätten. Die iranischen Provokationen waren am Tag nach Soleimanis Tötung stets ein Thema. Und sie waren es bereits viele Male davor, über die vergangenen Monate hinweg in unserer ausführlichen Berichterstattung über den Konflikt um den Iran. Gerade in einer Krise mit einer derart grossen geopolitischen Bedeutung erachten wir es als zentral, differenziert zu berichten. Und selbstverständlich sachgerecht.
Wir bitten Sie deshalb, sehr geehrter Herr Blum, die Beanstandung von Herrn X abzulehnen.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendungen und Artikel. Ich gehe in sechs Schritten vor:
- Es ist nicht klar, was Sie wirklich beanstanden, ob nur die Online-Texte oder auch die Radio-Sendungen, ob nur die Radio-Berichterstattung oder auch die des Fernsehens. Sie reden immer wieder vom Fernsehen. Deshalb muss ich davon ausgehen, dass Sie die Fernsehsendungen (beispielsweise die «Tagesschau» vom 3. Januar 2020) auch gesehen haben und Ihre Kritik auch auf sie beziehen.
- Ihre Kritik lautet ja, dass SRF
- in blindem Hass gegen Trump nur die USA als den Bösen hinstelle;
- den vorangegangenen iranischen Angriff auf die US-Botschaft in Bagdad kleinrede, und
- Soleimani, einen gefährlichen Terroristen, als gemässigte Person beschreibe.
Das heißt: In Ihrer Wahrnehmung ist Radio und Fernsehen SRF einseitig pro Iran und gegen die USA.
- Gegen die Berichterstattung über die Tötung von General Soleimani durch die USA ging eine zweite Beanstandung ein (konkret: gegen die «Tagesschau»). Dieser Zuschauer schrieb:
«Die Tagesschausprecherin bezeichnet Ghassem Soleimani als ‘gefährlicher als Bin Laden’. Ich finde diese Bezeichnung reisserisch und unsachlich und sie erweckt den Eindruck von Parteilichkeit. Mit diesem Vergleich wird Soleimani auf die gleiche Stufe wie ein Terrorist gestellt - oder sogar darüber. Zudem trennen den Iraner von Bin Laden ideologisch Welten. Natürlich haben Ghassem Soleimani und die ihm unterstellten Verbände rücksichtslos die Interessen Irans vertreten und sind wohl verantwortlich für Anschläge mit zahlreichen Todesopfern. Eine solche Aussage suggeriert aber dem Publikum, dass hier ein gefährlicher Terrorist ausgeschaltet wurde und nicht ein iranischer General. Weiter frage ich mich, wer denn die Gefährlichkeit beurteilen soll? Aus Sicht der Iraner ist Donald Trump möglicherweise gefährlicher als Ghassem Soleimani.»
Dies zeigt, dass die Wahrnehmung der Berichterstattung weniger von den journalistischen Fakten geprägt ist als vielmehr von Vorurteilen im Publikum. Während Sie finden, SRF habe Soleimani zu wenig als üblen Terroristen dargestellt, findet der andere SRF-Nutzer, die Bezeichnung Soleimanis als Terrorist sei von Übel.
- Es war sicher nicht so geschickt, Soleimani in einer Moderatoren-Frage als «eine etwas mässigende Figur» zu bezeichnen, ohne es zu begründen. Der Gesprächspartner, der Regensburger Politologe Stephan Bierling[1], hat diese Einschätzung denn auch nicht bestätigt, sondern ausgeführt, Soleimani sei «ein fantastischer General» gewesen, aber auch «ein politischer General». Am ehesten wäre er wohl mit Napoleon Bonaparte vergleichbar: ein großer Stratege, der pausenlos Feldzüge führt, aber auch ein Politiker mit all seinen Schattenseiten (als Diktator und Unterdrücker). Soleimani unterschied sich sicherlich von den theologisch gebildeten orthodoxen Ayatollahs und von den geschäftstüchtigen, verlogenen Mullahs, aber er war in seiner Strategie zur Vergrößerung des iranischen Einflusses im Nahen Osten rücksichtslos.
- Wenn wir nun die vier von Ihnen konkret zitierten Sendungen und Artikel durchgehen, dann ergibt sich folgendes Bild:
- «Heute Morgen»
Die US-Korrespondentin Isabelle Jacobi referiert streng neutral die Argumente der USA für die gezielte Tötung von Soleimani. Sie erwähnt auch den von Iran betriebenen Angriff auf die US-Botschaft in Bagdad. Nichts an dem Beitrag ist einseitig.
- SRF News
Hier wird nüchterner Nachrichtenjournalismus betrieben. Die US-Argumente werden gespiegelt, die Reaktion Irans wird aufgezeigt, die Statements von Politikern anderer Länder und der amerikanischen Gegenpartei werden wiedergegeben, darunter auch die von Nancy Pelosi und Joe Biden. Nichts ist einseitig.
- Radio SRF 4 News
Nach einem kurzen Statement des Politikwissenschaftlers und Iran-Experten Adnan Tabatabai folgt das Interview mit Stephan Bierling, Professor für internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. Der Gesprächspartner ist kenntnisreich, analytisch und ausgewogen. Nichts ist einseitig.
- SRF News
Der Text ist eine Zusammenfassung des Interviews mit Stephan Bierling. Nichts daran ist einseitig.
- Es bleibt die Moderatoren-Formulierung, Soleimani sei «eine etwas mässigende Figur» gewesen. Dies war ein Fehler, aber ein Fehler in einem Nebenpunkt, der nicht dazu angetan war, die freie Meinungsbildung des Publikums zu beeinflussen, zumal der Experte diese Einschätzung nicht bestätigte. Insgesamt war die Berichterstattung über die Eskalation in den Beziehungen zwischen den USA und Iran sachlich, faktengetreu, vollständig und hintergründig. Sie verstieß nicht gegen das Sachgerechtigkeitsgebot. Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann
[1] https://www.uni-regensburg.de/philosophie-kunst-geschichte-gesellschaft/internationale-politik-transatlantische-beziehungen/personen/prof-dr-stephan-bierling/index.html
[1] https://www.srf.ch/news/international/luftangriff-in-bagdad-usa-toeten-iranischen-general-iran-droht-mit-schwerer-rache ; https://www.srf.ch/news/international/toetung-von-general-soleimani-das-ist-eine-kriegserklaerung-der-usa
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/us-botschaft-donald-trump-irak-1.4742250
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