«Arena»-Sendung «Böse Burka?» beanstandet I
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Mit Ihrer E-Mail vom 15. Dezember 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Arena» (Fernsehen SRF) vom 13. Dezember 2019 zum Thema «Böse Burka?».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Zum wiederholten Male (auch in vorangegangen Arenas) machte Ihr Moderator, Sandro Broz, Exponenten der SVP (diesmal Walter Wobmann) lächerlich. S. Broz kann seine Aversion gegen die SVP nicht verbergen, was absolut untragbar und unprofessionel ist für einen Mitarbeiter eines Senders, dem wir alle Gebühren bezahlen (müssen). Auf fiese Art und Weise verdreht er den Gästen die Wörter im Munde, um sie dann nachher einfach zu ignorieren und um für sich den Beifall im Saal abzuholen. Das kann doch nicht die Aufgabe eines Moderators sein. Er vertritt fast offiziell eine ziemlich linke Politik und ist nur scheinbar um Objektivität bemüht. Warum das intern bei SRF nicht zur Sprache kommt in Analysen der Sendungen, ist mir ein Rätsel. Ich darf daran erinnern, wie fast kleinlaut die Mitarbeiter vor der grossen Abstimmung über die Zwangsgebühren aufgetreten sind und um das Mantra von der objektiven Berichterstattung (Fernsehen für alle usw.) bemüht waren. Alles Schnee von gestern: Es wird wieder munter sehr links-lastig ‘gefuhrwerkt’. Ich denke, ich bin nicht der Einzige, dem beim Betrachten dieser Sendungen eine regelrechte Wut aufkommt über diesen beschämenden und erbärmlichen Missbrauch eines Machtmonopols und der in der Zwischenzeit bereut, damals pro SRF abgestimmt zu haben.»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Arena» antwortete Frau Franziska Egli, Leiterin der Sendung:
«Mit der Nachricht vom 15. Dezember hat Herr X eine Beanstandung gegen die ‘Arena’ vom 13. Dezember ‘Böse Burka?’ eingereicht. Herr X kritisiert die Moderation der beanstandeten aber auch jene vorhergegangener ‘Arena’-Sendungen. Aus seiner Sicht ist Moderator Sandro Brotz generell parteiisch, nicht wirklich um Objektivität bemüht und hat eine Aversion gegen die SVP. Er wirft SRF und der ‘Arena’ einen <erbärmlichen Missbrauch eines Machtmonopols> vor. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Ausgangslage
In der beanstandeten Sendung wurde über die Initiative ‘Ja zum Verhüllungsverbot’, schwergewichtig über das angestrebte Burka- und Niqab-Verbot im Besonderen debattiert.[2] Für ein Verbot der Verschleierung traten Marianne Binder, Nationalrätin CVP, und Walter Wobmann, Co-Präsident des Initiativ-Komitees und Nationalrat der SVP, ein. Gegen ein entsprechendes Verbot machten sich Laura Zimmermann, Co-Präsidentin von Operation Libero, und Fabian Molina, Nationalrat der SP, stark. Im 1:1 Interview, währenddessen sich eine Person kritischen Fragen des Moderators stellen muss, war als Co-Präsident der Initiativkomitees Nationalrat Wobmann und als dezidierte Gegnerin der Volksinitiative die Co-Präsidentin von Operation Libero, Laura Zimmermann.
Moderation der Sendung
Der Beanstander kritisiert die Moderation im Allgemeinen und nimmt keinen Bezug auf konkrete Situationen, Einspieler oder Inputs. Infolgedessen wird auch die Stellungnahme zur Moderation allgemein gehalten.
Der Moderator einer kontroversen Gesprächssendung wie der ‘Arena’ muss im Interesse des Publikums das Gespräch strukturieren, bei den Diskussionsteilnehmenden kritisch nachfragen, beiden Seiten die Gelegenheit geben, ihre Argumente einzubringen und die Diskussion vorantreiben. Dabei nimmt Sandro Brotz in seiner Fragestellung jeweils auch die Position der jeweiligen Gegenseite ein, was jedoch keineswegs mit seiner persönlichen Meinung gleichzusetzen ist.
Es ist nicht immer einfach eine Diskussionsrunde wie die ‘Arena’ zu leiten. Des Öfteren wird heftig diskutiert, was zur Folge hat, dass die Rededisziplin von Zeit zu Zeit vernachlässigt wird. Sandro Brotz greift ausgleichend ein, wenn eine Seite unterzugehen droht oder zu oft das Wort an sich reisst. Dazu gehört es auch – gerade auch bei eloquenten und durchsetzungsfähigen Gästen – diese falls notwendig zu unterbrechen. Dies ist nötig, damit die Zuschauerinnen und Zuschauer der Diskussion folgen können und gewisse Punkte, welche die Redaktion als journalistisch wichtig erachtet, in der Debatte vertieft werden können.
Grundsätzlich muss der ‘Arena’-Moderator das Gespräch so leiten, dass die Debatte sowohl informativ wie auch spannend ist. Die verschiedenen Gäste müssen fair zum Zug kommen. Wenn nötig fasst der Moderator zudem genannte Informationen zusammen, damit sich der Zuschauer oder die Zuschauerin aufgrund der verschiedenen Voten eine eigene Meinung bilden kann. In der Sendung vom 13. Dezember kamen die Gäste der Hauptrunde ausgewogen zu Wort: Herr Molina redete 14 Mal, Laura Zimmermann konnte ihren Standpunkt insgesamt 11 Mal vertreten. Marianne Binder ergriff 12 Mal das Wort, Walter Wobmann kam insgesamt mit 13 Wortmeldungen zum Zuge. Die Anzahl der Wortmeldungen war also mehr oder minder ausgeglichen.
Auch hat sich Walter Wobmann selbst weder in der Sendung noch im Nachgang zur Sendung dahingehend geäussert, dass er sich unfair oder mit einer mitschwingenden ‘Aversion gegen die SVP’ behandelt gefühlt hätte.
Die Redaktion und der Moderator der ‘Arena’ sind sehr darum bemüht, jede einzelne Sendung ausgewogen und sachgerecht zu gestalten. Dies sehen wir als Journalistinnen und Journalisten generell und als Angestellte des gebührenfinanzierten SRF im Besonderen als unsere Pflicht an. Ich bin überzeugt davon, dass meine Kolleginnen und Kollegen sich ebenfalls täglich darum bemühen – ob innerhalb oder ausserhalb von SRF.
Fazit
Die Redaktion ist davon überzeugt, dass der Moderator Sandro Brotz Nationalrat Walter Wobmann im Speziellen und die SVP im Allgemeinen nicht unfair behandelt und mit einer voreingenommenen Meinung angeht. Sofern für den Diskussionsfluss und die Verständlichkeit von Zuschauerinnen und Zuschauer notwendig, hat er sämtliche Gäste der beanstandeten ‘Arena’ gleichermassen unterbrochen und sowohl Befürworter als auch Gegner kritisch befragt. Auch deshalb ist er aus Sicht der Leitung der ‘Arena’ mehr als qualifiziert eine Sendung wie die ‘Arena’ zu moderieren.
Aufgrund obiger Ausführungen bitte ich Sie die Beanstandung von Herrn X zur ‘Arena’ vom 13. Dezember ‘Böse Burka?’ nicht zu unterstützen. Für Nachfragen stehen ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Die vom «Egerkinger Komitee» lancierte eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» lautet:[3]
Art. 10a Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts
1 Niemand darf sein Gesicht im öffentlichen Raum und an Orten verhüllen, die öffentlich zugänglich sind oder an denen grundsätzlich von jedermann beanspruchbare Dienstleistungen angeboten werden; das Verbot gilt nicht für Sakralstätten.
2 Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen.
3 Das Gesetz sieht Ausnahmen vor. Diese umfassen ausschliesslich Gründe der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums.
Art. 197 Ziff. 12
12. Übergangsbestimmung zu Art. 10a (Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts)
Die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 10a ist innert zweier Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände zu erarbeiten.
Die Diskussion über diese Initiative ist kompliziert, weil sich Vorstellungen von einer liberalen, bunten Gesellschaft gegenüber Vorstellungen von einer strenger reglementierten Gesellschaft mischen mit dem mehr oder minder starken Engagement für Frauenrechte. Angesichts der Kompliziertheit der Debatte hat Sandro Brotz sie sehr gut strukturiert und über die Länge gerecht und tolerant geleitet. Ihre Wahrnehmung kann ich überhaupt nicht teilen. Der Moderator hat gegenüber allen Gästen Gegenpositionen vertreten, auch gegenüber dem Sozialdemokraten Fabian Molina, der Liberalen Laura Zimmermann und der Christlichdemokratin Marianne Binder; er hat alle herausgefordert. Nationalrat Walter Wobmann war in keiner Weise im Nachteil, und ich habe beim Betrachten der Sendung keine Stelle gefunden, wo er lächerlich gemacht wurde. Ich kann den Ausführungen von Frau Egli voll zustimmen. Und Ihre Beanstandung kann ich nicht unterstützen.
Ich habe mich gefragt, was für ein Fernsehen Sie eigentlich erwarten: Sie bezeichnen eine ausgewogene Sendung, in der alle Positionen ausgiebig zum Zug kamen, als «linkslastig» moderiert. Wie müsste denn eine Sendung aussehen, die für Sie «neutral» moderiert wäre? Eine Sendung ganz auf der Linie der SVP? Das könnte ja auch nicht der Wille von Volk und Ständen sein, die die «No Billag-Initiative» wuchtig abgelehnt haben.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann
[1] https://www.srf.ch/sendungen/arena/boese-burka
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