SRF zwei, Automagazin «Garage 21» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 16. Februar 2020 beanstandeten Sie das Automagazin «Garage 21» (Fernsehen SRF) vom gleichen Tag. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Es befremdet uns ausserordentlich, dass SRF in Zeiten grosser Klimadiskussionen, Fridays for Future etc. immer noch eine solche Sendung in ihrem Programm hat. Es geht doch nun wirklich nicht mehr, dass ein Staatsfernsehen Werbung für solche Dreckschleuder SUVs macht. Der sympathische Tester sagt mit einem Lächeln in die Kamera: <Der Verbrauch bewegt sich zwischen 12.5 bis 16/17L auf 100 km.> Also wirklich: DAS BRAUCHT ES NUN DEFINITIV NICHT MEHR! Höchste Zeit, gewisse Sendeformate zu überdenken!»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Die Antwort für «Garage 21» kam von Herrn Heinz Schweizer, Redaktionsleiter Einkauf Fiktion, Factual und Einsatzprogramme in der Abteilung Programme von Fernsehen SRF:

«Mit Schreiben vom 20. Februar 2020 haben Sie uns die Beanstandung von Frau X und Herrn Y aus X zur Sendung ‘Garage 21’ (Ausstrahlung vom Sonntag, 16.02.2020 um 19.30 Uhr auf SRF zwei) zugestellt und uns für eine Beantwortung eine Frist bis zum 13. März 2020 eingeräumt. Gerne nehmen wir als verantwortliche Redaktion Einkauf Fiktion, Factual und Einsatzprogramme dazu Stellung.

Die Beanstandenden zitieren und kritisieren eine Aussage eines Testfahrers aus einer Folge des 25-minütigen Automagazins ‘Garage 21’ und empfehlen, ‘gewisse Sendeformate zu überdenken’, da ein ‘Staatsfernsehen keine Werbung für Dreckschleudern’ machen sollte. Der für den Einkauf von ‘Garage 21’ zuständige Redaktor Simon Kern fasst nachstehend zusammen, warum SRF dieses Magazin programmiert:

Der Nimbus des Automobils als Heilsbringer ist längst gebrochen, nicht aber die Faszination für dieses Objekt, dessen Status sich stets zwischen jenem eines Fortbewegungsmittels und eines Kultobjekts bewegt hat. So sind denn auch heute noch Automagazine als Bestandteil des Programmes vieler Sender sehr beliebt. Heute mehr denn je geht es freilich nicht mehr darum, die Potenz der Motoren zu verherrlichen.

Längst hat die Suche nach einem möglichst ökologischen Antrieb die Fahrzeughersteller und auch die Automagazine erreicht. So stehen denn auch in ‘Garage 21’ explizit und immer zahlreicher Fahrzeuge auf dem Prüfstand, die mittels hybriden oder elektrischen Antriebes bewegt werden. Bereits in der allerersten Folge vom 18. August 2019 stellten wir den vollelektrischen Audi e-Tron vor, und Marken wie Mercedes, Seat, VW und Tesla zeigten danach ihre eigenen Entwicklungen ökologischerer Antriebe. In der Folge vom 7. März stellen wir ein elektrisches Fahrzeug aus China vor, das zwar in der Schweiz erhältlich, in Deutschland aber noch nicht einmal zugelassen ist. Eines ist für uns klar: Die Zeit unersättlicher Benzinschleudern ist abgelaufen, nicht aber jene des Individualverkehrs. Gerade hier kann eine Sendung wie ‘Garage 21’ einen kleinen Beitrag zum Umdenken leisten.

Trotz dieser verstärkten Gewichtung auf ökologisch akzeptable Neuentwicklungen dient dieses Magazin gleichwohl nicht der Umerziehung des Publikums. Die Sendung richtet sich an Autoliebhaber, sie lebt auch von der Begeisterung für Leistung, Ästhetik und Tradition. Und so soll ‘Garage 21’ zwischendurch auch wohldosiert unvernünftig sein dürfen, zeigen, was heute machbar ist. Daraus speist sich ein Test des Audi-Modells RS Q8 ebenso wie die reine Leistungsschau im abschliessenden Magazinteil, der ‘fast lap’. Dass diese von einem professionellen Rennfahrer absolviert werden, unterstreicht noch den Charakter der Testrunde als Versuchsanordnung weit abseits des Strassenalltags.

Ich versichere, dass ‘Garage 21’ auch zukünftig nicht zum dummdreisten Spielwarenkatalog für Raser verkommen wird, sondern zukunftstaugliche Lösungen für den Individualverkehr suchen und präsentieren wird.

‘Garage 21’ ist also eine Magazin-Reihe, in der über verschiedenste Aspekte des Autos berichtet wird. Die Redaktion testet und bewertet Modelle und stellt neue Technologien vor, die helfen sollen, den Energieverbrauch zu senken und das Klima zu schonen. SRF informiert immer wieder mit grossen Schwerpunkten über Nachhaltigkeitsthemen, darf sich aber auch im Sinne der Ausgewogenheit der heutigen Realität nicht verschliessen: Das Auto ist nach wie vor das wichtigste Transportmittel unserer Zeit.

Daher betrachten wir es als unsere Aufgabe im Sinne eines breiten Programmangebots für viele unterschiedliche Zielgruppen, auch einem an Autos interessierten Publikum mit einem gleichzeitig informativen wie unterhaltenden Magazin neue Erkenntnisse zu diesem Themenkreis zu vermitteln. ‘Garage 21’ ersetzt seit Herbst 2019 die frühere SRF-Eigenproduktion ‘Tacho’.

Wir können nachvollziehen, dass die zitierte Aussage in ‘Garage 21’ nicht bei allen Zuschauenden auf ungeteilte Begeisterung stösst, aber das trifft sicher auch auf viele andere Themen zu, die in Sendungen von SRF behandelt werden. Unserer Ansicht nach verletzen wir mit der Ausstrahlung von ‘Garage 21’ keine gesetzlichen oder programmlichen Vorschriften, und die implizierte Forderung nach einer Absetzung dieses Magazins steht im Widerspruch zur Programmfreiheit von SRF. Wir bitten Sie daher, die Beanstandung abzulehnen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich kann Ihr Befremden sehr gut verstehen: Warum muss angesichts der Klimadebatte das Auto weiter derart verherrlicht werden? Und warum müssen in einer Zeit, in der die Geschwindigkeiten auf der Straße fast überall limitiert sind, weiter Autos gebaut werden, die auf hohes Tempo ausgerichtet sind – wie der Audi RSQ 8, den Björn Sasse durch die Gegend fährt, oder die Alpine A 110, die Rennfahrer Christian Menzel testet? Ich schüttle da auch den Kopf.

Allerdings sind drei Relativierungen angezeigt:

  1. Die Sendung «Garage 21» ist eine Sendung für Fachleute, Fans und Liebhaber, nicht unbedingt für das breite Publikum. Es ist Spezialwissen erforderlich, um alles auf Anhieb zu verstehen. Jene, die das Auto nicht nur als Statussymbol sehen, sondern als Kultobjekt, fühlen sich hier zuhause.
  2. Wie aus der Stellungnahme der Redaktion hervorgeht, war die von Ihnen beanstandete Sendung eher die Ausnahme. In früheren Sendungen wurden Autos mit hybridem und elektrischem Antrieb vorgestellt, und das soll auch künftig wieder der Fall sein. Da das Vielfaltsgebot für das ganze Programm im Längs- und Querschnitt gilt und nicht für die einzelne Sendung, ist diese vorübergehende «Einseitigkeit» kein Verstoß gegen das Radio- und Fernsehgesetz.
  3. Das Auto bleibt trotz Klimawandel ein Fortbewegungsmittel und damit ein Thema. Man muss sich nur in normalen Zeiten – nicht während des Corona-Notstands! – auf Bahnhöfen wie in Zürich, Bern oder Basel die Volksmassen ansehen, die sich täglich zu den Zügen oder von den Zügen her durch die Hallen bewegen, und sich vorstellen, dass durch eine weitere Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene nochmals so viele Leute dazukommen, dann wird klar: Die Straße und damit das Auto wird für die Bewältigung der Mobilität weiter nötig sein. Bahn, Bus, Tram, Privatauto, Flugzeug und Velo ergänzen sich; man wird alle brauchen.

So hat denn eine solche Sendung wie «Garage 21» weiterhin eine Legitimität. Gerne unterstreiche ich, dass noch mehr ökologische Aspekte der Auto-Nutzung in der Sendung wünschbar wären. Die konkrete Sendung verletzt aber weder das Sachgerechtigkeitsgebot noch das Vielfaltsgebot, weder das Diskriminierungsverbot noch die Jugendschutzrichtlinien, und deshalb kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

Noch ein Wort zum Begriff «Staatsfernsehen», den Sie verwenden: Die Schweiz kennt kein Staatsfernsehen. Hätte sie eines, wären die Sender Lautsprecher der Regierung. Sie müssten das senden, was der Bundesrat verlangt. Verfassung und Gesetz legen aber unmissverständlich fest, dass Radio und Fernsehen vom Staat unabhängig sind. Es stimmt zwar, dass das Parlament den strukturellen Rahmen für die Rundfunkmedien festlegt und die Erlaubnis erteilt, Gebühren zu erheben. Aber inhaltlich gilt die Unabhängigkeitsregel, und das bedeutet, dass die Medien, und eben auch SRF, gegenüber Regierung, Verwaltung, Parlament und Gerichten eine Kritik- und Kontrollfunktion ausüben. Staatsmedien kennen hingegen beispielsweise China, Nordkorea, Thailand, Saudi-Arabien, Syrien, Iran, Ägypten, Kuba oder Russland, nicht aber die Schweiz.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann

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