«Echo der Zeit»-Beitrag «Bodo Ramelow ist erneut Ministerpräsident von Thüringen» beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 4. März 2020 beanstandeten Sie die Sendung «Echo der Zeit» (Radio SRF) vom gleichen Tag und dort den Beitrag «Bodo Ramelow ist erneut Ministerpräsident von Thüringen».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Heute Abend wurde in den Nachrichten einen kurze Meldung über die Thüringer Wahl eingebetet.
Bei diesem Report wurde die AfD nicht mehr als ‘rechts populistisch’, sondern als Rechtsextrem bezeichnet. Das steht dem Staatssender nicht zu! Die sind Demokratisch gewählt, nicht verboten und dem G.G, Deutschlands verpflichtet. Das ganze ist nicht mit einer Abmahnung abgetan, sondern eure Redakteure die diese bewusste neu!! Sprachregelung vorschreibt gehören entlassen. Ansonnten seit ihr einen dreckigen Propagandasender, der bekämpft gehört.»
B. Ich nehme dazu wie folgt Stellung und gliedere meine Antwort in fünf Punkte:
1. Rechtsextrem statt rechtspopulistisch. Die Moderatorin spricht in der Sendung von «der in Thüringen rechtsextremen AfD.» Das ist absolut korrekt: Die AfD ist deutschlandweit eine rechtspopulistische Partei, in Thüringen aber ist sie eine rechtsextrem und faschistisch geführte Partei. Denn gemäß einem Gerichtsurteil vom letzten Herbst darf der thüringische Landesvorsitzende der AfD, Björn Höcke, Faschist genannt werden.[2] Höcke macht immer wieder Aussagen, die in ähnlicher Form auch Adolf Hitler gemacht hat. Und Höcke ist in der thüringischen AfD unbestritten, ja sein Kurs wird weit über dieses Bundesland hinaus gestützt und genießt beträchtliche Sympathie in der Gesamtpartei. Es ist deshalb absolut richtig, im Zusammenhang mit Thüringen von der rechtextremen AfD zu sprechen.
2. Demokratisch gewählt. Es ist richtig, dass die AfD demokratisch gewählt und nicht verboten ist. Die Wahl legitimiert die Partei, im Parlament gleichberechtigt mitzuwirken, aber die Wahl verändert nicht den Charakter einer Partei. Die französischen und italienischen Kommunisten, die lange Zeit dem Terror Stalins zujubelten, hatten demokratisch gewählte Abgeordnete in der französischen Nationalversammlung und in der italienischen Deputiertenkammer und im Senat. Auch die italienischen Faschisten (Movimento sociale italiano, später: Alleanza nazionale), die Mussolini nachtrauerten, hatten demokratisch gewählte Vertreter im Parlament der Nachkriegszeit. Damit wurden sie aber nicht zu Lämmern, nicht zu politisch Gemäßigten. Die AfD ist sowohl im Bundestag als auch in den Länderparlamenten demokratisch gewählt, aber durch die Wahl wird sie nicht geläutert. Das heißt: Sie versucht jetzt einfach mit parlamentarischen Mitteln, die repräsentative Demokratie, den Rechtsstaat und die politische Kultur in Deutschland schlechtzumachen, ja zu «versauen». Es ist die Aufgabe der Medien, auch von Radio SRF, in dieser Hinsicht immer wieder Klartext zu reden.
3. Entlassung von Redaktionsmitgliedern. Sie fordern, dass Journalistinnen und Journalisten, die eine «solche Sprachregelung vorschreiben», nicht bloß abgemahnt, sondern entlassen werden müssen. Nun, da ja diese «Sprachregelung» der Wahrheit entspricht und somit keinen Verstoß gegen das Radio- und Fernsehgesetz darstellt, gibt es gar keinen Anlass für Sanktionen gegenüber den verantwortlichen Journalistinnen und Journalisten. Aber nehmen wir einmal an, Sie hätten Recht: Es ist in der Schweiz nicht üblich, Journalistinnen und Journalisten, die einen Fehler gemacht haben, gleich zu entlassen. Das wären Nazi-Methoden. Journalismus in freiheitlichen demokratischen Gesellschaften setzt auf Lernfähigkeit und Fehlerkultur. Und schon gar nicht ist es Sache des Ombudsmannes, Empfehlungen für personelle Entscheidungen abzugeben. Das ist allein Sache der Verantwortlichen von SRF. Da habe ich mich nicht einzumischen.
4. Staatssender. Sie bezeichnen Radio SRF als einen «Staatssender». Da sind Sie auf dem Holzweg. Es gibt in der Schweiz keine Staatsmedien, wenn man einmal vom «Bundesbüchlein» sowie von den Websites, den Videos und den Broschüren der Departemente absieht. Staatsmedien sind solche, die als Sprachrohr und Lautsprecher der Regierung dienen. Das sind in der Schweiz weder die Print- und Onlinemedien noch die Rundfunkmedien, auch Radio und Fernsehen SRF nicht, die alle das Recht haben (und es auch wahrnehmen), Parlament, Regierung und Verwaltung zu kritisieren. Zwar legt das Parlament den strukturellen Rahmen für die Rundfunkmedien fest und gewährt auch das Recht, Gebühren zu erheben, aber inhaltlich sind alle Rundfunkmedien vom Staat unabhängig. Staatsmedien gibt es hingegen in China, in Nordkorea, in Kuba, in Russland, in der Türkei, in Thailand, in Syrien, in Saudi-Arabien oder in Ägypten.
5. «Dreckiger Propagandasender». Der Ausdruck, den Sie gewählt haben, entlarvt Sie als jemand, der im Grunde die Medien am liebsten gleichschalten würde. Der Ausdruck ist ziemlich beleidigend. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Das Fazit meiner Ausführungen ist, dass ich Ihre Beanstandung zurückweise.
C. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann
[1] https://www.srf.ch/sendungen/echo-der-zeit/zahl-der-corona-faelle-in-der-schweiz-steigt-an
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article201103984/Bjoern-Hoecke-darf-Faschist-genannt-werden-ueberpruefbare-Tatsachengrundlage.html
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