Carte blanche: Klischees auf dem Fussballplatz

In der Rubrik «Carte blanche» haben Autorinnen und Autoren die Möglichkeit, über ein Thema zu schreiben, welches ihnen persönlich am Herzen liegt. Dieses Mal kommt Elena Möri, Mitglied des Publikumsrats der SRG.D und der Programmkommission der SRG Aargau Solothurn zu Wort.

Eben wollte ich unsere vierjährige Tochter für ein Schnuppertraining im Fussballklub anmelden. Die Website zeigt mehrere Jungengruppen, alle tragen «richtige» Trikots. Scrollt man ganz nach unten, ist eine kleine Mädchengruppe zu sehen. Sie haben über ihre privaten Shirts farbige ärmellose Leibchen angezogen, die mit bunten Buchstaben verziert sind. Die Jungs heissen «Junioren», die Mädchen sind die herzigen «Play Makers» (die Uefa wirbt sogar mit der Eisprinzessin-Figur). Die Jungs posieren mit ihren Trainern in gekonnt stolzer Fussballmanier, die Mädchen stehen ohne Trainerin oder Trainer da und strecken verhalten lächelnd die Hände in die Höhe.

Auch auf den grossen Fussballplätzen kommt es zu Trikot-Gates, die für medialen Wirbel sorgen: Eine bekannte Spielerin zog im Jubel ihr Trikot aus, und die Medien titulierten: «Spektakulär!» Eine Handlung, die im Männerfussball gefühlt alle zwei Minuten passiert und «dazugehört» – bei den Frauen hingegen für viel Empörung sorgte. Immerhin: Die Schweizer Medien stärken den Frauenfussball mit deutlich mehr Berichterstattung. Und dennoch frage ich mich: Warum nur stösst der Frauenfussball auf so wenig Interesse?

Ist der Sport nicht auch ein Impulsgeber für die Gesellschaft und die Verantwortungsträger? Lebt er nicht von Diversität, unterschiedlichen Mentalitäten, Nationalitäten und Herangehensweisen? Diese Diversität beobachte ich zwar auf dem Platz – wenn etwa Millionen für den Transfer ausländischer Spieler ausgegeben werden. Nicht aber auf Entscheidungsebene, wo noch immer eine starke Unterrepräsentation von Frauen in sportlichen Führungspositionen erkennbar ist. Nötig sind höhere Investitionen in den Frauenfussball und weiblich geprägte Strukturen, um den Wandel zu fördern. Man müsste ihn also wohl nur wollen, diesen Wandel. Damit auch meine Tochter als Juniorin spielen darf. Mit Trainerin oder Trainer und «richtigem» Trikot.

Elena Möri ist Mitglied des Publikumsrats und der Programmkommission der SRG Aargau Solothurn und arbeitet beruflich als Sozialarbeiterin.

Kommentare zur Carte blanche an: link@srgd.ch

Text: Elena Möri

Bild: SRG.D/Elena Möri

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