Expertenwahl bei «Arena» sorgt für Kritik
In der «Arena» vom 27. Oktober 2023 mit dem Titel «Krieg im Nahen Osten: Was muss die Schweiz tun?» haben sich zwei Beanstander in erster Linie über den beigezogenen Experten Victor J. Willi beklagt. Sein Institut sei wenig relevant und er habe eindeutige Schlagseite, indem er die Terrororganisation verharmlose. Der Moderator habe auf diese Einseitigkeit nicht korrigierend eingewirkt. Die Ombudsstelle stimmt einigen Kritikpunkten zu.
Die «Arena» vom 27. Oktober war vom Setting her die übliche: Vier Politiker und Politikerinnen an den Pulten in der ersten Reihe, ein Moderator und an einem separaten Pult der Experte. In der beanstandeten Sendung war das Victor J. Willi, Präsident und Gründer des Middle East Institute in Genf. Dessen Aussagen und das fehlende Nachfragen des Moderators auf seine Ausführungen hin führten zu zwei Beanstandungen. Die Beanstander kritisieren die «Arena» zwar generell. Inhaltlich entscheidend für die Ombudsleute war aber einzig die Kritik am Experten, die sie stützen. Die anderen Punkte lehnten sie ab, weil sie offensichtlich nicht begründet waren.
An Victor J. Willi bemängeln die Beanstander, sein Institut habe lediglich 13 Mitglieder, von denen fünf aus dem arabischen Raum kämen. Victor J. Willi habe «mit sanfter Stimme die gröbsten Lügen verbreitet». Die Hamas sei als legitim gewählte, staatstragende Organisation dargestellt worden, die Charta von 2017 sei relativiert und die Terrorgefahr ausserhalb der Region als nicht vorhanden dargestellt worden. Der Moderator habe auf diese unqualifizierten, einseitigen Aussagen nicht interveniert.
Der Experte wurde zu Recht eingeladen
Die Redaktion hält fest, dass die Wahl des Experten aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung nachvollziehbar sei. In der Sendung sei es nicht in erster Linie darum gegangen, wie legitimiert die Hamas sei, sondern darum, dass sie in weiten Kreisen der palästinensischen Bevölkerung als legitim angesehen werden, was sie durch verschiedene Quellen nachweist. Auch habe Willi die Gefährlichkeit der Hamas in keiner Art und Weise relativiert. Er habe nämlich nur gesagt, die Hamas sei gefährlich für Israel aber weniger für «uns», eben weil sie eine nationale Organisation sei und es um den nationalen Befreiungskampf gehe. Die Aussagen von Willi seien zudem durch die anwesenden Politikerinnen und Politiker und durch den SRF-Nahostkorrespondenten Jonas Bischoff relativiert worden. Zudem habe sich Victor J. Willi im Vorgespräch präziser ausgedrückt. Wenn das in der Live-Sendung nicht so prägnant erfolgt sei, sei das vielleicht auf seine Nervosität zurückzuführen.
An der Wahl des Experten ist nichts auszusetzen, hält die Ombudsstelle fest. Die Grösse des Instituts ist nicht entscheidend und aufgrund der Ausbildung und Erfahrung ist es durchaus nachvollziehbar, ihn als Auskunftsperson in die Sendung zu holen.
Einseitige Aussagen des Experten
Allerdings hat Victor J. Willi nach Ansicht der Ombudsleute die Hamas sowohl inhaltlich als auch verbal verschiedentlich verharmlost. Unter anderem sagte er, die Hamas habe weder die Kapazität noch das Netzwerk noch den Auftrag, ausserhalb des Nahen Ostens Bomben zerplatzen zu lassen. Er sprach im Zusammenhang mit der Terrorattacke am 7. Oktober auch nur von einem «Anschlag» und dieser sei ausschliesslich auf den militärischen Arm der Hamas zurückzuführen. Aussagen, die gemäss Ombudsleute einerseits nicht zutreffen und anderseits auch die Brutalität und das Ausmass der Hamas herabmindern.
Widerspruch von schweizerischen Politiker:innen genügt nicht
Seine Kommentare wurden vom Moderator nicht hinterfragt. Und auch Jonas Bischoff, der nur am Anfang der Sendung zugeschaltet wurde, kann nicht als «Experten»-Pendant zu Victor J. Willi durchgehen, da er aufgrund seines Status als SRF-Fachperson beigezogen wurde, so die Ombudsleute. Auch die Nervosität von Willi kann seine Meinungen nicht entschuldigen. Was zählt, sind die in der Live-Sendung vorgebrachten Aussagen. Das weniger beschlagene Publikum nimmt die Äusserungen des als «Experten» vorgestellten Gastes als gegeben hin. Und diese Aussagen waren verschiedentlich einseitig, auch wenn Schweizer Politikerinnen und Politiker diese vereinzelt relativierten, kommen die Ombudsleute zum Schluss.
Dementsprechend haben die Ombudsleute bei den beiden erwähnten Beanstandungen die Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes festgestellt.
«Arena» vom 27. Oktober 2023
«Arena» vom 27. Oktober 2023
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