Verharmlost «Rendez-vous» Prostitution in der Schweiz?
Die Audio-Informationssendung «Rendez-vous» widmet sich der Diskriminierung von Sexarbeitenden durch Finanz- und Versicherungsinstitute. Zum Beitrag gingen gleich drei Beanstandungen ein, die finden: Hier wird die Prostitution in der Schweiz auf problematische Weise normalisiert.
Darum geht es in der beanstandeten Sendung
Der Bericht «Finanzbranche diskriminiert Sexgewerbe» der SRF-Informationssendung «Rendez-vous» behandelt die Benachteiligung verschiedener Sexarbeiterinnen in Bezug auf Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. Der Bericht bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen der Wirtschaftsfreiheit und der verbreiteten Praxis von Banken und Versicherungen. Denn obwohl Sexarbeit und Erotikclubs in der Schweiz legal sind, haben Personen, die dort arbeiten, oft Schwierigkeiten, sich versichern zu lassen oder ein Konto sowie eine Kreditkarte zu erhalten. Finanzinstitute und Versicherungen verweisen auf die Vertragsfreiheit und lehnen die Anträge ab.
Was wird beanstandet?
Verschiedene Beanstandende monieren eine Normalisierung des Sexgewerbes durch den Beitrag. So sei etwa die Anmoderation, welche Sexarbeit als «so legal wie Brot zu verkaufen» beschreibe, problematisch. Diese Perspektive vernachlässige die oft prekären Situationen betroffener Frauen. Mehr als drei Viertel davon würden in der Schweiz dieser Tätigkeit nämlich nicht freiwillig nachgehen, sondern unter Zwang durch Zuhälter und kriminelle Organisationen.
Betroffene litten oft an posttraumatischen Störungen, so die Beanstandenden, viele von ihnen seien im Rahmen ihrer Tätigkeit bereits vergewaltigt worden. Eine Normalisierung von Prostitution als Tätigkeit wie jede andere auch missachte deshalb die Menschenwürde.
Weiter sei aus genannten Gründen auch der Begriff der «Sexarbeit» verharmlosend. Der Beitrag erwecke insgesamt den Eindruck, dass sämtliche Prostituierten in der Schweiz einer völlig legalen Tätigkeit nachgehen würden. Dies sei aber nachweislich falsch.
Was sagt die Redaktion?
Die Redaktion verteidigt zunächst den Begriff der «Sexarbeit». Dieser werde sowohl von offiziellen Stellen sowie von Fachorganisationen verwendet. Er sei nicht verharmlosend, im Gegenteil sei er wichtig, die selbstbestimmte Sexarbeit zu enttabuisieren. So entspreche der Begriff auch einem Anliegen der Sexarbeitenden selbst, als solche bezeichnet zu werden.
Das grösste Problem, so die Redaktion weiter, seien für Personen im Sexgewerbe die Diskriminierung und Stigmatisierung ihrer Arbeit – wie im «Rendez-vous»-Beitrag exemplarisch an Finanz- und Versicherungsdienstleitungen dargestellt. Im Beitrag würden die weitreichenden Probleme der Prostituierten erwähnt. Da die präsentierte Ungleichbehandlung bei Kontoeröffnungen oder dem Abschliessen von Versicherungen diese zusätzlich verschärfen, sei es umso wichtiger, darüber zu berichten. Denn die beschriebene Diskriminierung habe auch Folgen für die Sicherheit der Frauen: Hätten sie vermehrt Zugang zu Kreditkarten, hätten sie beispielsweise die Möglichkeit, Vorauszahlungen für Dienstleistungen zu verlangen.
Dass im Sexgewerbe immer wieder Straftaten wie Menschenhandel, Erpressung, Vergewaltigungen oder Gewalt gegen Frauen verübt werden, sei unbestritten. SRF berichte regelmässig darüber. Der Beitrag aber fokussiere sich auf eine wirtschaftliche Dienstleistung, die aus moralischen Gründen nicht erbracht werde.
Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsstelle stützt in ihrer Antwort die Argumente der Redaktion und stellt auch keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz fest. Der Fokus des Beitrags auf die Forderung von Sexarbeitenden auf rechtliche Gleichstellung sei jederzeit klar. Auch der Vergleich mit Alltagsberufen wie dem Brotverkauf sei legitim, da der Vergleich mit den Worten «so legal wie» eingeführt werde. Damit ist der Fokus auf die Rechtsprechung klar ersichtlich.
Auch am Begriff der «Sexarbeit» stört sich die Ombudsstelle nicht. Der Begriff sei keinesfalls ein Synonym für sexuelle Ausbeutung. Viele Argumente der Beanstandenden mögen zudem Grund dafür sein, dass Sexarbeit in breiten Kreisen als Erwerbstätigkeit nicht anerkannt ist es und dass sie der persönlichen Moralvorstellung widerspricht. Ob sie deshalb von Banken und Versicherungen diskriminiert werden, darüber könne hingegen nur spekuliert werden.
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