Deshalb darf SRF Tucker Carlsons Gespräch mit Putin als «Gefälligkeitsinterview» bezeichnen

Die «Tagesschau» analysiert US-Journalist Tucker Carlsons Interview mit Vladimir Putin kritisch und kommt zum Schluss: Der ehemalige Fox-News-Moderator verhalf dem Kreml-Chef, seine Propaganda freimütig zu verbreiten. Als Reaktion darauf gingen zwei Beanstandungen bei der Ombudsstelle ein, welche die Nachrichtensendung als tendenziös empfanden. Die Ombudsstelle widerspricht – aus verschiedenen Gründen.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung

Die «Tagesschau» vom 9. Februar befasst sich mit dem Interview, welches der US-amerikanische Journalist Tucker Carlson mit Vladimir Putin führte. Carlson, ehemaliger Fox-News-Moderator und bekannt für scharf rechte Positionen, erhielt als bisher einziger westlicher Journalist Zugang zum russischen Kreml-Chef. Die «Tagesschau» analysiert das Interview und beurteilt das Gespräch als «Gefälligkeitsinterview», es fehlen laut dem Bericht kritische Nachfragen, der US-Journalist baue zudem «rhetorische Rampen» für Putin, seine Ansichten zu verbreiten. Auf den Beitrag folgt die Einschätzung des SRF-Experten für internationale Beziehungen, Fredy Gsteiger, der diese Analyse stützt.

«Tagesschau»-Beitrag vom 9. Februar 2024

Was wird beanstandet?

Zwei Personen beanstandeten den Bericht anschliessend als nicht sachgemäss und tendenziös. Während die erste Beanstandung primär die Einschätzung der «Tagesschau» als diffamierend gegenüber Carlson kritisiert, richtet sich die zweite gegen die Darstellung von Putins Ausführungen. Diese würden in der «Tagesschau» in propagandistischer Art und Weise verzerrt und auf Basis einseitiger – sprich ausschliesslich westlicher – Quellenlage analysiert.

Was sagt die Redaktion?

Die Redaktion weist beide Vorwürfe von sich. Zur Beanstandung von Tucker Carlsons Darstellung verweist sie auf die Vorgeschichte des Moderators, welche seine Nähe zu Trump und Putin aufzeige. Carlson versäume es im Interview mehrfach, kritische Fragen zu stellen, Falschaussagen Putins zu korrigieren oder diesen in Bezug auf Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Rede zu stellen.

Dass das Interview kaum Newswert böte, sei auch in anderen Medien so festgestellt worden, schreibt die Redaktion mit Verweis auf die NZZ. Die Beschreibung Carlsons als «willfährig» und «für Falschmeldungen und Verschwörungstheorien bekannt» seien ausserdem legitim, da diese kein normaler Journalist sei, der nach professionellen Standards arbeite. Der ehemalige Fox-News-Moderator habe etwa behauptet, Joe Bidens Wahl 2020 sei irregulär gewesen. Ebenfalls sei er ein Anhänger der Verschwörungstheorie «great replacement theory», die besagt, die Weissen würden in den USA gezielt durch Zuwanderung zur Minderheit gemacht.

Zum Vorwurf der pro-amerikanischen Berichterstattung schreibt die Redaktion weiter, dass SRF ein umfassendes Bild des Kriegsgeschehens anböte. Unumstritten sei, dass Putin einseitig einen Krieg gegen ein demokratisches Land begonnen habe und diesen mit Unwahrheiten und historischen Verdrehungen legitimiere. Diese habe er auch in dem Interview mit Carlson darlegen dürfen. Deshalb sei es wichtig, den Hintergrund dieses Gesprächs kritisch zu beleuchten und die Aussagen darin einzuordnen.

Was sagt die Ombudsstelle?

Die Ombudsstelle stützt die Redaktion in ihrer Argumentation. Sie beruft sich dabei auf verschiedene andere Medien, welche das Interview gleich oder ähnlich analysiert haben. Die Beschreibung von Tucker Carlson als umstritten und russlandfreundlich sei legitim, die kritische Beobachtung des Interviews als mögliche Verbreitung von Propaganda gehe mit der Ausgangslage einher.

Die Tagesschau begründet ihre Aussagen, etwa die Beurteilung des Gesprächs als «Gefälligkeitsinterview». Der Beweis dafür liefere das Putin-Interview Carlsons selbst. Die Vorwürfe, die «Tagesschau» würde systematisch falsch über Ursache und Wirkung der Krise im Donbass sprechen, kann die Ombudsstelle nicht nachvollziehen. SRF biete dem Publikum mit ihrer Berichterstattung ein umfassendes Bild des Kriegsgeschehens, das Publikum sei dadurch in der Lage, sich selbst eine Meinung zu bilden.

Text: SRG.D/pz

Bild: SRG.D/cleverclip

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