«Rundschau»: Trotz Fehlern grundsätzlich im rechtlichen Rahmen
Zwei «Rundschau»-Beiträge über Versäumnisse in der Schaffhauser Strafverfolgungsbehörde wurden bei der Ombudsstelle beanstandet. Diese sagt: Es gab in den beiden Reportagen unsachgemässe Sequenzen, die Beiträge bleiben insgesamt aber im programmrechtlichen Rahmen.
Darum geht es in den beanstandeten Sendungen
Die «Rundschau» berichtete am 22. Mai 2024 erstmals über die Ermittlungsarbeit der Schaffhauser Polizei. Eine Frau, Fabienne W., war im Dezember 2021 auf brutale Weise verprügelt worden. Die schockierende Tat ereignete sich in der Wohnung eines Anwalts, Überwachungskameras hatten das Geschehen festgehalten. Die Frau erstattete kurz nach der Attacke Anzeige. In zwei Beiträgen zeigte die «Rundschau» angebliche Mängel der darauffolgenden strafrechtlichen Untersuchung auf.
Die Kritik kommt seitens Fabienne W. und ihrer Strafverteidigerin, aber auch der als Experte auftretende Strafrechtler Konrad Jeker rügt das Vorgehen der Behörden. Streitpunkt sind angebliche Versäumnisse der Behörden. So habe die Polizei mehrfach Ermittlungsaufträge der Staatsanwaltschaft nicht ausgeführt. Dies habe, so der Beitrag, dazu geführt, dass die Ermittlungen schleppend verliefen und die Täter geschützt wurden.
Denn: Der Fall sei komplexer als zunächst von der Polizei angenommen. So rückte der genannte Anwalt erst nach rund einem Jahr Ermittlungsarbeit in den Fokus der Ermittlungen: Er habe nämlich, so Fabienne W., am Vorabend der Tatnacht versucht, sie unter Druck zu setzen. Sie sollte eine Anzeige wegen angeblicher Vergewaltigung gegen einen Bekannten des Anwalts zurückzuziehen. Dieses traumatische Erlebnis habe, so W., nur zwei Wochen vor der Prügelnacht stattgefunden. Die Strafuntersuchungsbehörden hätten diesem Umstand nicht genügend Gewicht beigemessen, so die Kritik.
Die Schlägerei, die sich erst spät in der Nacht ereignete, sei letztlich ebenfalls ein Druckmittel gewesen, um Fabienne W. dazu zu bringen, ihre Anzeige zurückzuziehen. Das mediale Echo in der Schweiz auf den «Rundschau»-Beitrag war sehr hoch, es folgten Solidaritätsbekundungen mit Fabienne W. und eine Demonstration vor dem Schaffhauser Polizeigebäude.
Der zweite Beitrag vom 29. Mai geht auf jene Reaktionen und Demonstrationen sowie die Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft ein. Ebenso geht er der Frage nach, was für eine Person der beschuldigte Anwalt ist, thematisiert aber auch Solidaritätsbekundungen mit Fabienne W. und Auswirkungen der «Rundschau»-Recherche auf die kommunale und nationale Politik.
Beide Beiträge wurden beanstandet. Insgesamt wurden sieben konkrete Verstösse gegen die Sachgerechtigkeit und die Verletzung der Menschenwürde moniert. Diese werden in der Folge einzeln ausgeführt. Dem Vorwurf wird jeweils die Zusammenfassung des Redaktionsstatements entgegengesetzt.
Vorwurf Nr. 1: Die «Rundschau» habe die Rolle der Medien fehlinterpretiert
Die Beanstandung moniert, obwohl den Medien als vierte Gewalt eine «Wächterfunktion» zukomme, habe die «Rundschau» in diesem Fall ihre Kompetenzen überschritten. So seien zwar Gerichtsverfahren und -urteile öffentlich, das Vorverfahren – also polizeiliche Ermittlungen und staatsanwaltliche Untersuchungen – aber nicht. Dessen Qualität und Angemessenheit zu beurteilen sei Aufgabe des zuständigen Strafgerichts, nicht der Medien. Die «Rundschau» habe verfrüht Kritik geübt, basierend auf den selektiven Argumenten einer Verfahrenspartei. Dies sei nicht sachgerecht. Die öffentliche Vorverurteilung stelle zudem einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz dar.
Die Redaktion argumentiert, es gehöre zu den Aufgaben der Medien, auch kritisch über laufende Verfahren zu berichten. Die Schaffhauser Behörden seien mit den Kritikpunkten konfrontiert, die Stossrichtung des Beitrags transparent gemacht worden. Zudem habe die «Rundschau» der Schaffhauser Polizei wiederholt angeboten, live im Studio ausführlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, was mit Hinweis auf das laufende Verfahren abgelehnt wurde.
Vorwurf Nr. 2: Der Fall werde im Beitrag generell einseitig dargestellt
Die Beanstandung kritisiert den «Rundschau»-Beitrag als einseitig. Anhand verschiedener Szenen werde deutlich, dass die Ansicht der Geschädigten direkt übernommen wurde, ohne Raum für Gegendarstellungen zu lassen. Dies zeige auch eine Recherche der «Schaffhauser AZ», die nach Durchsicht der Strafakten sowie der Filmaufnahmen zu einer anderen, deutlich weniger kritischen Beurteilung der Arbeit der Schaffhauser Behörden gekommen sei. Ein Angebot für eine Gegendarstellung durch die Schaffhauser Behörden sei «lediglich der guten Form halber» geschehen. Es habe der «Rundschau»-Redaktion klar sein müssen, dass die Verantwortlichen aufgrund des laufenden Verfahrens zu vielen der offenen Fragen keine Auskunft hätten geben können. Das habe man auch so kommuniziert.
Die Redaktion weist diese Kritik zurück. Zunächst beziehe sich die Beanstandung auf einen verunglückten Artikel, für den sich die «Schaffhauser AZ» im Nachhinein ausführlich entschuldigte. In der Folge führt die Redaktion aus, wie die «Rundschau» zu ihrer Darstellung der Sachlage gekommen sei. Es bleibe auch bei erneuter Durchsicht aller verfügbaren Informationen dabei, dass die Hintergründe der Tat bis heute ungeklärt seien. Den Sachverhalt genau zu klären sei denn auch nicht das Ziel des Beitrags. Dessen Fokus seien die Ermittlungstätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden gewesen.
Auch sei die mehrfache Einladung zum Interview keine blosse Alibiübung gewesen. Das Amtsgeheimnis lässt die Redaktion als Begründung für die Absage nicht gelten, schliesslich habe der Erste Schaffhauser Staatsanwalt gegenüber einem anderen Medienhaus kurz nach Erscheinen der «Rundschau»-Recherche ein Interview gegeben. Gegenüber der «Rundschau» hätten sich die Schaffhauser Behörden bloss über einen Medienanwalt schriftlich geäussert. Im Beitrag beziehungsweise in der Abmoderation seien die besten Argumente wiedergegeben worden.
Vorwurf Nr. 3: Der Beitrag suggeriere eine Vergewaltigung in der Nacht der Gewalttat
Die Beanstandung kritisiert, der Beitrag lege nahe, dass in der Nacht der Gewalttat eine (Gruppen-)Vergewaltigung stattgefunden hatte, welcher die Schaffhauser Behörden nicht nachgegangen seien. Die Beanstandung bezieht sich auf die Sequenz, bei der ein Zeitabschnitt von sieben Minuten in der Tatnacht thematisiert wird, von denen kein Videomaterial besteht. Täter und Opfer befanden sich zu dem Zeitpunkt in einem Nebenraum.
Das Opfer selbst habe den Vorwurf einer Vergewaltigung in der Gewaltnacht weder im Beitrag geäussert noch gegenüber der Polizei angezeigt. Der Beitrag aber suggeriere genau dies, indem unter anderem betont wird, dass das Opfer über Schmerzen zwischen den Beinen geklagt habe. Diese Information werde nicht genügend kontextualisiert, denn in ihrer Aussage bei der Polizei erwähne Fabienne W., dass sie fünf Tage vorher vergewaltigt worden sei. Die «Rundschau» lasse diese Information aus und führe die Zuschauer:innen so in die Irre.
Die Redaktion schreibt, was sich in diesen sieben Minuten zutrug, sei bis heute ungeklärt. Fabienne W. habe ausgesagt, sie könne sich nicht an diese Zeit erinnern. Die Aussage über die Schmerzen zwischen den Beinen stamme aus der ersten Aussage gegenüber der Polizei um 06:34 Uhr am Morgen nach der Prügelnacht. Fabienne W. sagte dort aus, sie habe starke Schmerzen und sei fünf Tage zuvor vergewaltigt worden. Ihre Aussage sei mehrdeutig interpretierbar. Die Information dieser Schmerzen sei aber offenbar nicht an das Institut für Rechtsmedizin weitergereicht worden, das die Verletzungen von W. untersucht hatte. So habe man die für den Nachweis einer Vergewaltigung wichtige gynäkologische Untersuchung nicht unternommen.
Die Einschätzung von Strafrechtler Konrad Jeker sei dies ein klares Versäumnis der Behörden. Fabienne W. habe so auch keine Basis für eine entsprechende Anzeige bei der Polizei gehabt. Woher die Schmerzen stammten, sei auch deshalb nach wie vor ungeklärt.
Vorwurf Nr. 4: Die Darstellung der «Rundschau» sei das Resultat eines klassischen Rückschaufehlers
Die Beanstandung moniert, der Vorwurf der unzureichenden Sicherstellung von Videoaufnahmen sei unzulässig. Entgegen der Darstellung der «Rundschau» habe unmittelbar nach der Tat kein Anlass bestanden, die Videoaufnahmen vom Vorabend der Gewaltnacht sicherzustellen. Fabienne W. habe erst rund ein Jahr nach der Prügelnacht ausgesagt, dass die Einladung und Gewalttat zwecks Einschüchterung erfolgt seien. Somit habe die Polizei keinen Anlass gehabt, Videoaufnahmen des Zeitraums mehr als zwei Stunden vor der ersten Tathandlung zu sichern. Dies nun zu kritisieren sei ein «klassischer Rückschaufehler».
Die Redaktion schreibt, laut den Akten aus dem Verfahren zur mutmasslichen Vergewaltigung habe Fabienne W. bereits einen Tag nach der Prügelattacke ausgesagt, dass sie in der Tatnachtnacht auf die mutmassliche Vergewaltigung angesprochen worden sei. Rund fünf Monate später habe man den Anwalt – damals noch als Zeuge im Vergewaltigungsfall vernommen – damit konfrontiert. Dieser habe bereits damals eingeräumt, es sei «möglich», dass dies in der Tatnacht der Prügelei zur Sprache gekommen sei.
Die Behörden hätten also durchaus früher Anlass gehabt, sich für den Anfang des Abends zu interessieren. Dies sei versäumt worden aufgrund der einfachen Annahme der Staatsanwaltschaft, dass dabei keine zusätzlichen Anhaltspunkte über den Ursprung der Gewalttat zu finden seien. Klarheit hätte aber nur die Auswertung des Filmmaterials gebracht.
Vorwurf Nr. 5: Die «Rundschau» interpretiere Instagram-Posts entsprechend ihrem Narrativ
Die Beanstandung kritisiert die «Rundschau» für die Interpretation eines Instagram-Beitrags des beschuldigten Anwalts, der ihn bei einem Nachtessen mit einem Kadermann der Schaffhauser Polizei zeigt. Der Beitrag suggeriere eine besondere Nähe zwischen den beiden Personen. Dies, obwohl der Anwalt nachweislich übermässig die Öffentlichkeit suche und täglich mehrere vergleichbare Bilder poste. Auf seinem Profil seien über 5'000 Selfie-Aufnahmen, häufig zusammen mit Lokalprominenz, zu finden. Dass sich darunter auch ein Bild mit einem Mitarbeiter der Polizei findet, sei deshalb wenig überraschend. Die «Rundschau» habe das Bild isoliert betrachtet und so dem Sachverhalt zu viel Gewicht beigemessen. Damit sei die Wahrheit verzerrt worden. Es entstehe der Eindruck einer Freundschaft zwischen den beiden Personen. Dies, obwohl die Redaktion auf die wahre Natur des Treffens – einer zufälligen Begegnung an einem Fest eines gemeinsamen Bekannten – aufmerksam gemacht hatte.
Die Redaktion weist auch diesen Vorwurf zurück. Der Beitrag mache auf die Posting-Wut des Anwalts aufmerksam und betone, er suche die Nähe zu den Behörden aktiv. Das Bild mit dem Kadermann der Schaffhauser Polizei habe dies verdeutlicht. Die «Rundschau» habe die Verantwortlichen mit dem Sachverhalt konfrontiert, deren wichtigste Aussagen seien eingeblendet worden.
6. Die «Rundschau» verschweige relevante Informationen.
Die Beanstandung kritisiert, die «Rundschau» habe zentrale Informationen verschwiegen im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Einvernahme von C. G., einem laut «Rundschau»-Beitrag vermeintlichen Zeugen. Die Einvernahme wurde seitens der Rechtsanwältin von Fabienne W. verlangt. C. G. habe, so die Aussagen der Rechtsanwältin und Fabienne W., mit dem Anwalt über die Taten gesprochen und von ihm Videoaufnahmen gezeigt bekommen habe.
Die Behörden hätten auf die Einvernahme verzichtet, weil C. G. seine Informationen nur über Hörensagen erworben hatte und so keine verlässlichen, unmittelbaren Angaben zum relevanten Sachverhalt hätte treffen können, so die Beanstandung. Deshalb sei man zur Einschätzung gelangt, er sei für den Sachverhalt «wertlos». Die Schaffhauser Behörden hätten die «Rundschau» darauf aufmerksam gemacht, dass C. G. aus diesem Grund nicht einvernommen werde. Die Redaktion stelle die Person nun trotzdem als jemanden vor, der «wohl mehr weiss». Dass dieser Einschätzung die Aussage der Behörden entgegengestellt werde, dass dieser Zeuge «wertlos» sei, ohne die dahinterliegende Begründung zu nennen, mute für das Publikum zynisch an.
Die Redaktion sagt dazu, der erwähnte Zeuge habe aus Angst vor Angriffen auf seine Person nicht bei der Polizei aussagen wollen. Er hätte durchaus wichtige Beiträge leisten können. Dies zeige auch der Ermittlungsbericht der Polizei. Im Ermittlungsauftrag aus dem Jahr 2023 sei denn auch festgehalten, dass der Zeuge C. G. zu befragen sei.
7. Es werde der Eindruck erweckt, die Gewalttäter würden ungeschoren davonkommen.
Die Beanstandung moniert, der Beitrag suggeriere, dass die Gewalttäter keine Konsequenzen zu erwarten hätten. Dies etwa durch die Aussage von Fabienne W., welche sagt, die Männer seien seitens der Behörden «mit Samthandschuhen angefasst» worden. Dass ein Strafverfahren zur Gewalttat noch laufe, werde im ersten «Rundschau»-Beitrag beiläufig, im zweiten gar nicht mehr erwähnt. Durch das suggerierte Näheverhältnis zwischen der Polizei und Beschuldigten werde der irreführende Eindruck des Täterschutzes verstärkt.
Die Redaktion widerspricht: Die Kritik der «Rundschau» umfasse eine ganze Reihe von Punkten, keiner davon sei widerlegt. Das laufende Strafverfahren werde sowohl im ersten als auch in der Abmoderation des zweiten Beitrags ausgeführt. Bezüglich der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden könne sich das Publikum ein eigenes Urteil machen.
8. Die Menschenwürde werde verletzt.
Die Beanstandung kritisiert zum Schluss die Darstellung der Personen im Beitrag. Zunächst werde der beschuldigte Anwalt «erniedrigend» dargestellt, ohne dass die herabwürdigenden Bilder und Aussagen über ihn eine Relevanz für den Beitrag hätten.
Doch auch das Opfer Fabienne W. werde blossgestellt. Sie sei – auch wenn der Nachname nicht genannt werde – problemlos identifizierbar. Die Folge davon sei, dass ihr Sexualleben, ihre psychische Verfassung und die ihr angetane Gewalt öffentlich diskutiert werde. Obwohl sie dazu eingewilligt habe, hätte sie die «Rundschau» besser vor der Öffentlichkeit schützen müssen. Sie und auch ihr Sohn würden künftig unter der effektheischenden Berichterstattung leiden.
Die Redaktion weist auch diesen Vorwurf von sich. Die Beschuldigten seien alle vollständig anonymisiert. Die «Rundschau» habe nur zwei Angaben zu den Personen gemacht: Dass der Wohnungsbesitzer ein Anwalt und der Haupttäter Kampfsportler sei. Diese Angaben seien für die Einordnung des Sachverhalts notwendig. Erst die Berichterstattung in der «Schaffhauser AZ» habe zu Rissen in der Anonymisierung der Beschuldigten geführt.
Bezüglich der Anonymisierung von Fabienne W. habe sich die Redaktion lange Gedanken gemacht und dies auch ausführlich mit ihr besprochen. Die «Rundschau» hätte sie vollständig anonymisieren wollen, sie aber wollte mit Gesicht und Namen auftreten, um als Vorbild für andere von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen zu fungieren. Auch ihr Sohn habe explizit nicht anonymisiert auftreten wollen. Diesen Wunsch habe man – nachdem die Frage auch im Laufe der Zeit immer wieder neu hervorgebracht worden sei – am Ende respektiert. Auf die Nennung des kompletten Namens sei aber dennoch verzichtet worden.
Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsstelle befasste sich ausführlich mit dem vorliegenden Fall. Sie bemerkt zunächst, dass die beiden Beiträge den Ansatz eines anwaltschaftlichen Journalismus verfolgen und auf den Sichtweisen von Fabienne W. beruhen. Dies sei aber auch gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts zulässig.
Die Ombudsstelle weist denn auch die meisten Punkte in der Beanstandung zurück. So seien die Darstellungen sowohl in der Frage nach der versäumten gynäkologischen Untersuchung als auch in der Berichterstattung über die versäumte Sicherung des Videomaterials oder in Bezug auf den Verzicht auf eine Einvernahme von C. G. im Rahmen einer kritischen Berichterstattung zulässig. Die «Rundschau»-Beiträge seien diesbezüglich sachgerecht.
Dass die Aussagen von Fabienne W. deren persönlichen Wahrnehmung entspreche, sei für die Zuschauenden ersichtlich. Die Zitate würden in korrekter Weise wiedergegeben. Da es zudem dem ausdrücklichen Wunsch der Protagonistin sowie deren Sohn entsprach, ohne Anonymisierung von Gesicht und Namen aufzutreten, sei auch eine Missachtung der Menschenwürde nicht zu erkennen.
Die Ombudsstelle kommt deshalb zum Schluss, dass die programmrechtlichen Bestimmungen insgesamt erfüllt wurden.
Was aber nicht heisst, dass die Beiträge keine problematischen Aussagen oder Sequenzen beinhalten, so die Ombudsstelle weiter. So sei die suggestive Frage nach den Geschehnissen im «Schlafzimmer» journalistisch äusserst fragwürdig, überschreite die Grenze zur Publikumsmanipulation in Bezug auf den Gesamtzusammenhang allerdings nicht.
Weiter kritisiert die Ombudsstelle eine Sequenz, in der Fabienne W. moniert, dass die Videos der Prügelnacht in Schaffhausen herumgezeigt würden. Es werde im Beitrag die implizite Frage aufgeworfen, ob eine behördliche Intervention nicht angezeigt gewesen wäre. Gleichzeitig bleibe dieser Sachverhalt diffus und werde nicht adäquat abgehandelt.
Ebenso sei die Sequenz mit der behördlichen Aussage, wonach der Zeuge C. G. als für den Sachverhalt «wertlos» bezeichnet wurde, aufgrund der fehlenden Einordnung in die behördlichen Beweggründe journalistisch inkorrekt. Aber auch hier bewirke dies keinen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot.
In drei Sequenzen stellt die Ombudsfälle jedoch einen Verstoss gegen die Sachgerechtigkeit gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes fest:
1. Das Foto, das den Anwalt nur einen Tag nach der Prügelattacke mit dem Kadermann der Schaffhauser Polizei zeigt, erwecke fälschlicherweise den Eindruck einer ungebührlichen freundschaftlichen Nähe zwischen Polizei und Anwalt. Die Behörden hatten der Redaktion die wahren Umstände des Fotos mitgeteilt, die «Rundschau» wusste also, dass dieses Foto kein relevanter Nachweis für eine Nähe zwischen Polizei und Anwalt war. Diese Darstellung sei deshalb nicht sachgerecht.
2. Die unwidersprochene Aussage von Experte Jeker, der kurz nach der Tatnacht entstandene Partybilder als Indiz dafür wertete, dass die mutmasslichen Täter keine Angst vor den Ermittlungshandlungen der Schaffhauser Behörden hätten, sei ebenfalls nicht sachgerecht. Sie erwecke einen falschen Eindruck, der meinungsverfälschend wirke.
3. Dass im zweiten «Rundschau»-Beitrag vom 29. Mai 2024 verpasst wird, zusätzlich angebrachte Kritikpunkte in den Kontext des noch laufenden Strafverfahrens einzuordnen, habe den Zuschauer:innen das Bilden einer eigenen Meinung zum Handeln der Strafverfolgungsbehörden erschwert oder gar verunmöglicht.
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