«Club» zu Nahost: Gästeauswahl war korrekt
Der «Club» diskutierte im Mai 2024 darüber, ob noch Hoffnung für den Nahen Osten besteht. Die Gästeauswahl für das Gespräch wurde bei der Ombudsstelle im Anschluss als einseitig beanstandet. Eine unbegründete Kritik, sagt diese aber.
Darum geht es in der beanstandeten Sendung
Im «Club» vom 28. Mai 2024 wurde die Frage behandelt, ob für den Nahen Osten noch Hoffnung besteht. Seit dem schrecklichen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 scheint die Situation schlimmer denn je, die israelische Armee führt seither einen Krieg in Gaza. Die Club-Runde diskutierte darüber, welche Auswege aus der verfahrenen Situation denkbar sind.
Was wird beanstandet?
Bei der Ombudsstelle gingen zwei Beanstandungen ein. Beide werfen der Sendung Israelfeindlichkeit vor, da die Auswahl der Gäste einseitig gewesen sei. Diese würden unhinterfragt als Expert:innen dargestellt, wiesen aber einen Bias gegen Israel auf. Eine pro-israelische, wissenschaftlich-objektive oder militärstrategische Stimme, welche das Vorgehens Israels in Gaza sachlich einordnen könnte, habe gefehlt. Die fehlende Objektivität der auftretenden Personen hätte das SRF selbst mit einer einfachen Online-Recherche erkennen können.
So vertrete Manuel Bessler, Vizepräsident der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, eine Organisation, die antizionistische und antiisraelische Kampagnen fahre. Dana Landau sei eine Vertreterin von «swisspeace», einem «stark antizionistischen Aktionszentrum», dem kürzlich öffentliche Förderung aufgrund antisemitischer und antizionistischer Parolen entzogen worden sei. Reinhard Schulze, emeritierter Islamwissenschaftler, sei bekannt für seine pro-arabische Haltung in Israelfragen. Schliesslich verurteile Oliver Diggelmann, Völkerrechtler, Israel und unterstütze sogar den Vorwurf, der Staat begehe in Gaza Völkermord. Alle Personen würden irreführend als neutrale Expert:innen vorgestellt, ohne ihren Hintergrund transparent zu machen.
In beiden Beanstandungen kritisiert wird zudem die Einladung von Jasr Kawkby, einen Palästinenser mit Freund:innen und Familie in Gaza. Er sei stark antiisraelischer Aktivist der die Hamas nicht verurteilenden Organisation Palästina Solidarität Schweiz (PSS). Ihm hätte man dringend eine Gegenstimme gegenüberstellen müssen, so die Beanstandenden.
Was sagt die Redaktion?
Die Redaktion weist die Vorwürfe von sich. Die Sendung habe nicht die Frage nach Sinn und Unsinn des Krieges zum Thema gehabt, sondern wollte ergründen, ob noch Hoffnung für den Nahen Osten bestehe. Man wollte keine unversöhnlichen Positionen, keine extremen Meinungen, sondern Stimmen, die einen Ausweg aus der Gewaltspirale aufzeigen könnten. Anlass gegeben für die «Club»-Runde habe die Aufforderung des Internationalen Gerichtshofs an Israel, die Kampfhandlungen in Rafah einzustellen. Zudem hatten am Tag der Sendung verschiedene europäische Länder Palästina als Staat anerkannt. Dies sei als Zeichen gegen den Krieg und für eine Lösung des Konflikts zu werten, so die Redaktion.
Zur Kritik der eingeladenen Gäste verweist die Redaktion bei drei Experten – Bessler, Schulze und Diggelmann – auf deren profunden Kenntnisse über den Nahen Osten und ihre Erfahrungen aus Forschung und Beruf. Die Behauptung, sie seien «einseitig pro-arabisch» und «teil extrem israelfeindlich», treffe laut der Redaktion nicht zu.
Die Friedensforscherin Dana Landau hätte einen jüdischen Hintergrund. Sie sei eine von vielen Jüdinnen, die kritisch sei gegenüber der israelischen Regierung. Diese Stimmen würden selten gehört. Ausserdem sei auch sie eine ausgewiesene Expertin.
Und der Kinderarzt Jasr Kawkby sei zwar persönlich betroffen, doch er stehe für Gewaltfreiheit ein. Er anerkenne das Leid der jüdischen Familien und Geiseln, plädiere für Empathie für die jeweils andere Seite als Lösung des Konflikts. Er verurteile die Hamas für den Überfall am 7. Oktober.
Die Diskussion im «Club» sei zutiefst menschlich gewesen, weshalb die Verurteilung der Sendung als antiisraelisch oder gar antisemitisch durch die Beanstandenden für die Redaktion unverständlich sei.
Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsstelle schreibt in ihrem Schlussbericht, dass die Beanstandenden Einseitigkeit monierten und dabei selbst einseitig urteilen würden. Beide Beanstandungen würden sich in ihrer Kritik auf Sequenzen fokussieren, die Gewalt und Verwüstung in Gaza zeigen. Dabei würden die Beanstandenden ausblenden, dass ebenso die Gewalt gegenüber Israel aufgezeigt worden sei.
Die Kritik an der Zusammensetzung der «Club»-Runde sei zudem unhaltbar, so die Ombudsstelle. Thema der Sendung sei eine Diskussion über eine mögliche Einigung zwischen Israel und den Palästinenser:innen. Dies kann und soll über den Dialog geschehen. Die auftretenden Gäste würden teils Institutionen vertreten, welche sich in der einen oder anderen Form für den gegenseitigen Austausch einsetzen würden.
Die Verurteilung von «swisspeace» als «stark antizionistisches Aktionszentrum» und die Übertragung dieser Kritik auf die Mitarbeiterin Dana Landau sei laut der Ombudsstelle vermessen und entbehre jeder Grundlage. Gleiches gelte für die Kritik an Manuel Bessler, der über 30 Jahre in der humanitären Hilfe internationaler Organisationen tätig gewesen war. Er sei zweifellos als sachbezogener Experte qualifiziert. Reinhard Schulze schliesslich sei genau die wissenschaftliche Stimme, welche von den Beanstandenden vermisst werde. Die getroffenen Aussagen, so die Ombudsstelle mit Verweis auf eine entsprechende Stelle im «Club», seien bestens für eine militärgeschichtliche Einordnung geeignet. Und mit Olivier Diggelmann sei ein ausgewiesener Völkerrechtsexperte und somit eine weitere Stimme der Wissenschaft eingeladen gewesen. Seine Einordnungen im «Club» seien rein rechtlich, nicht politisch gewesen.
Zum meistkritisierten Gast Jasr Kawkby schreibt die Ombudsstelle, dass dieser sich trotz der persönlichen Beziehung zu Gaza und seinen pro-palästinensischen Argumentation für gewaltlosen Widerstand einsetze. Dies zeigten seine Aussagen in der Sendung. Allerdings hätte es auch die Ombudsstelle begrüsst, wenn neben den vier Expert:innen eine jüdische Vertretung als Gegenüber von Kawkby in die Runde eingeladen worden wäre. Wichtig wäre gewesen, dass auch diese Stimme für eine gewaltfreie Lösung eingetreten wäre. Dana Landau, zwar jüdisch, übernahm diese Rolle nicht, da sie als Vertreterin von «swisspeace» auftrat und diese Rolle auch einnahm.
Der Umstand, dass dies verpasst wurde, sei aber keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes, kommt die Ombudsstelle zum Schluss. Kawkby sei transparent vorgestellt und nie als Experte eingeführt worden.
Der «Club» habe sich der Frage nach Hoffnung für den Nahen Osten auseinandergesetzt und habe einen Raum geschaffen, in dem ein vertrauensvoller Dialog stattfinden konnte. Es sei ein Beispiel, das Schule machen sollte. Denn nur mit Dialogbereitschaft bestehe noch Hoffnung für den Nahen Osten, schreibt die Ombudsstelle abschliessend.
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