Bundesgericht heisst Beschwerde von SRG gegen UBI-Entscheidung gut

Die SRG hat mit der Ausstrahlung der Bundesratsansprache zur «Frontex-Vorlage» im Vorfeld der Abstimmung vom 15. Mai 2024 das Vielfaltsgebot nicht verletzt. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht, nachdem die SRG Beschwerde gegen ein gegenteiliges Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) Beschwerde eingelegt hatte.

Radio SRF strahlte am 25. April 2022 im ersten Programm am Mittag die Ansprache des damaligen Bundesrates Ueli Maurer zur eidgenössischen Volksabstimmung zur Übernahme der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache ("FrontexVorlage") aus, die am 15. Mai 2022 stattfand. Die Ansprache dauerte rund vier Minuten. Der Bundesrat hob dabei die Vorteile der Vorlage hervor, welche vom Bundesrat und vom Parlament zur Annahme empfohlen wurde. Die Vorlage wurde mit 71,5 Prozent JaStimmen angenommen.

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) hiess 2022 eine Beschwerde gegen die Sendung gut, weil das Vielfaltsgebot gemäss Artikel 4 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen verletzt worden sei. Das Bundesgericht hiess nun aber die Beschwerde der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) gut und hebt den Entscheid der UBI auf. Mit der Ausstrahlung der Bundesratsansprache sei das Vielfaltsgebot nicht verletzt worden, so die Bundesrichter:innen. Aufgrund des besonderen Charakters der Bundesratsansprachen rechtfertige es sich nicht, das Vielfaltsgebot ebenso streng anzuwenden, wie auf andere abstimmungsrelevante Sendungen.

Der Bundesrat sei gesetzlich ausdrücklich zur Information der Öffentlichkeit über anstehende eidgenössische Abstimmungen verpflichtet, heisst es im Urteil weiter. Er müsse bei seiner Informationstätigkeit die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit beachten. Das schliesse allerdings nicht aus, dass er auch Position bezieht. Im konkreten Fall habe Bundesrat Maurer zwar überwiegend die Argumente des Bundesrates und der Bundesversammlung wiedergegeben. Die Ansprache sei aber im Programm der SRG in eine breite und grundsätzlich vielfältige Berichterstattung zur «Frontex-Vorlage» eingebettet gewesen.

Ins Gewicht gefallen sei weiter, dass das Publikum die Bundesratsansprachen ohne Weiteres als Teil der Informationsaktivitäten des Bundesrates erkennen und einordnen konnte. Die Stimmberechtigten seien es gewohnt, sich trotz des Positionsbezugs des Bundesrates eine eigene Meinung zu anstehenden Abstimmungen zu bilden. Eine Verweigerung der Ausstrahlung durch die SRG und die damit verbundene Einschränkung der Möglichkeiten des Bundesrates zur Information der Stimmbevölkerung wäre kaum wünschenswert, so das Bundesgericht. Die Ausstrahlung der Bundesratsansprachen entspreche sodann einer langjährigen Praxis. Sie stellten keine Abstimmungssendungen im klassischen Sinn dar und würden von der SRG weder produziert noch inhaltlich selber verantwortet. Insgesamt habe kein Anlass bestanden, von der SRG zu verlangen, in der Anmoderation des fraglichen Radiobeitrags auf andere Sendungen zur Vorlage hinzuweisen.

Zum Verlauf des Falls

Die Beanstandung zur Bundesratsansprache von Ueli Maurer zum Thema Frontex wurde im April 2022 bei der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz beanstandet. Diese unterstützte diese in ihrem Schlussbericht aber nicht. Der Fall wurde daraufhin an die UBI weitergezogen, diese entschied im September 2022 entgegen der Einschätzung der Ombudsleute, dass die Beschwerdeführenden Recht hätten: Bundesratsansprachen verletzten das Vielfältigkeitsgebot, so die Beschwerdeinstanz. Mit dem Entscheid des Bundesgerichts ist diese Beschwerde aufgehoben.

Die Bundesratsansprachen beschäftigten die Ombudsstelle schon früher. Der ehemalige Ombudsmann Roger Blum äusserte bereits 2019 einige Gedanken zum Thema, nachdem er auf eine entsprechende Beanstandung nicht eingetreten war.

Text: Bundesgericht

Bild: SRG.D

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