Ombudsfall: Warum fiel die Weimarer Republik?
Nach Meinung eines Beanstanders seien im «Tagesschau»-Beitrag zur Weimarer Verfassung fälschlicherweise einzig die Nazis für den Fall der Republik verantwortlich gemacht worden – Ombudsmann Roger Blum ist geteilter Meinung.
Die «Tagesschau» strahlte am 6. Februar 2019 anlässlich des Hundertjahr-Jubiläums der Weimarer Verfassung einen Beitrag zum Thema aus, in dem über die Feierlichkeiten berichtet und die Bedeutung dieser Verfassung für die Entwicklung der Demokratie hervorgehoben wurde. Nach einem kurzen Rückblick auf die Geschichte wurde die Frage aufgeworfen, ob sich die gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Deutschland mit derjenigen am Ende der Weimarer Republik vergleichen lassen – die Frage wird am Ende des Beitrags verneint.
Einseitige Schuldzuweisung
Gegen die Sendung wurde eine Beanstandung eingereicht, weil die «Tagesschau» einseitig berichtet habe. So seien im Beitrag nur die Nazis für den Fall der Weimarer Republik verantwortlich gemacht worden, obwohl es offensichtlich sei, dass die politischen, antidemokratischen Extremisten sowohl der Rechten wie der Linken ihren Untergang besiegelt hätten.
Bürgerlich bis extrem rechts
Franz Lustenberger, ehemaliger stellvertretender Redaktionsleiter der «Tagesschau», schreibt in der Stellungnahme der Redaktion, dass er die Meinung des Beanstanders zwar nicht teilt, ihm jedoch hinsichtlich der politischen Haltung der deutschen extremen Linken in den 1920er-Jahren recht gibt: Die Kommunistische Partei Deutschlands stand der Weimarer Republik ablehnend gegenüber. Jedoch hatte die KPD nie genügend Rückhalt in der Bevölkerung, als dass sie die Weimarer Republik ernsthaft in Gefahr hätte bringen können. Sie ging unter, weil sich die bürgerlich-nationale Rechte mit der extremen Rechten verbündete.
Von Beginn an morsch
In seiner Beurteilung der Sendung kommt Ombudsmann Roger Blum zum Schluss, dass er weder der Darstellung des Beanstanders, noch derjenigen der «Tagesschau»-Redaktion vollständig zustimmen würde. Die Weimarer Republik – führt Blum aus – war von Anfang an morsch, weil grosse Teile der Machtinhaber die Demokratie nicht wirklich stützten. Einzig die SPD bekannte sich voll und ganz zur Weimarer Republik. Die KPD sah sich jedoch als Alternative ebendieser SPD und rief tatsächlich auch zum gewaltsamen Widerstand auf – und nicht nur die rechtsextremen Kräfte wie die NSDAP. Auch dadurch kam es immer wieder zu Strassenkämpfen, was wiederum das Bedürfnis der Bevölkerung nach Ruhe und Ordnung verstärkte. Zwar waren die Kommunisten nicht die Ursache für die Diktatur Hitlers, aber sie haben sie letztlich eher befördert als verhindert. Insofern unterstützt Blum die Beanstandung teilweise.
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