Alles rechtens bei «SRF bi de Lüt»
Gegen die Sendung «SRF bi de Lüt – Familiensache» vom 3. und 10. Januar 2020 gingen vier Beanstandungen ein. Kritisiert wurde insbesondere, dass SRF über Leihmutterschaft spricht, die in der Schweiz verboten ist. Ombudsmann Roger Blum unterstützt jedoch keine der Beanstandungen.
Bei «SRF bi de Lüt – Familiensache» gewähren in fünf Sendungen jeweils drei unterschiedliche Familien einen intimen Einblick in ihr Privat- und Berufsleben. Ziel ist es, die nötige Distanz zu den Protagonist*innen zu wahren und gleichzeitig so empathisch wie möglich vorzugehen. Die Authentizität der Porträtierten ist dabei das Wichtigste – SRF übernimmt eine begleitende Funktion.
In der Ausgabe vom 3. Januar 2020 standen drei Familien-Konstellationen im Zentrum: eine Familie, die mit 100 Tieren lebt, eine Familie, die mit der schweren Krankheit des Sohnes und mit dem Suizid des Vaters zurechtkommen muss, sowie eine Familie, die es nur dank der Leihmutterschaft gibt.
Bericht trotz Verbot
Gegen diese Sendung gingen vier Beanstandungen bei der Ombudsstelle ein. Kritisiert wurde in erster Linie, dass SRF über das Thema der Leihmutterschaft berichtet, obwohl diese in der Schweiz verboten ist. Die Formulierung fiel insbesondere bei einer der Beanstanderinnen emotional aus. Es sei eine «Frechheit» von SRF, die Leihmutterschaft «zu verherrlichen» und den beiden «egoistischen Selbstdarsteller» (gemeint sind die beiden Väter) eine Plattform zu bieten. Dieselbe Beanstanderin bezeichnete die Leihmutterschaft als «Menschenhandel» und «Hohn gegenüber den anderen Familien». Eine andere Beanstanderin kritisierte zudem noch die Off-Stimme der Sendung. Diese sei «abgelöscht» und «nicht wohlwollend[e]» gegenüber der Familie.
Relevantes Thema
Hansjörg Niklaus, Senior Producer, Bereich Factual Entertainment, geht in der Stellungnahme für «SRF bi de Lüt» in erster Linie auf das Thema der Leihmutterschaft in der Schweiz ein: So sei diese ein umstrittenes und gerade deshalb auch gesellschaftlich relevantes Thema. Immer mehr hetero- wie auch homosexuelle Paare erfüllten sich mit einer Leihmutterschaft ihren Kinderwunsch. Wie viele es effektiv seien, werde gegenwärtig nicht erfasst. Der Bundesrat habe sich jedoch dahingehend geäussert, dass die Leihmutterschaft eine zunehmende gesellschaftliche Realität in der Schweiz sei. Zudem weist Niklaus darauf hin, dass die Programmautonomie den Redaktionen die freie Wahl von Thema und Fokus einer Sendung erlaubt.
Keine Rechtswidrigkeit
Niklaus äussert sich auch zur rechtlichen Situation in Bezug auf das Thema: Die Leihmutterschaft in der Schweiz ist verboten. Strafbar ist jedoch nur, wer bei einer Leihmutter ein Fortpflanzungsverfahren anwendet oder Leihmutterschaften vermittelt (Art. 31 des Bundesgesetzes über die medizinische Fortpflanzung). Weder die Leihmutter noch die Wunscheltern unterliegen der Strafandrohung. Daraus folgert Niklaus, dass das Vorgehen des portraitierten gleichgeschlechtlichen Paares in der Schweiz strafrechtlich nicht relevant ist.
Was ist schon «normal»
Roger Blum hat den Ausführungen von Niklaus nichts mehr anzufügen. Er könne jedoch die Empörung einiger Beanstander*innen nachempfinden. Es sei schwierig zu akzeptieren, was man nicht als «natürlich» empfindet, schreibt der Ombudsmann. Daraufhin stellt er jedoch die Frage in den Raum, ob denn alle Konstellationen, die wir bisher kennen, «natürlich» seien und kommt zum Schluss, dass das nicht der Fall sei. Es gab schon bisher Kinder, die im Heim aufwuchsen, also nicht bei Papa und Mama. Es gibt alleinerziehende Mütter, alleinerziehende Väter, also fehlt immer ein Elternteil. Es gibt Kinder, die bei den Großeltern oder bei Tanten aufwachsen oder von der Schwester oder vom Bruder erzogen werden. Die Konstellationen seien schlicht nicht immer «normal».
Die «Buntheit des Lebens»
Auch die weiteren Kritikpunkte kann Blum nicht unterstützen. Die Off-Stimme empfindet er als neutral und gleichzeitig warm. Die Sendung als Ganze bezeichnet Blum als «einfühlsam». Die Reportage bringe uns Realitäten näher, die auf den ersten Blick befremdlich seien und schockieren könnten, die aber zur «Buntheit des Lebens» dazugehörten.
Zur Sendung «SRF bi de Lüt – Familiensache» vom 3. Januar 2020
Zur Sendung «SRF bi de Lüt – Familiensache» vom 10. Januar 2020
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