«Deville»: Amtsträger sind kritisierbar
Gegen das «Vatikan Special» der Satiresendung «Deville» vom 12. Januar 2020 gingen drei Beanstandungen ein. Ombudsmann Roger Blum kann jedoch keine der drei Beanstandungen unterstützen. Das Radio- und Fernsehgesetz wurde in «Deville» nicht verletzt.
Die Satiresendung «Deville» hat sich in der Ausgabe vom 12. Januar 2020 dem Vatikan gewidmet. Die römisch-katholische Kirche ist mit rund 2.52 Millionen Angehörigen und einem Bevölkerungsanteil von 35.9 Prozent die grösste Glaubensgemeinschaft in der Schweiz.
In ebendiesem Glauben, diesen religiösen Gefühlen fühlt sich ein Beanstander durch die Sendung verletzt. Ein weiterer findet, dass religiöse Themen, beziehungsweise kirchliche Institutionen gar nicht in satirische Programminhalte von SRF gehörten. Der dritte Kritiker moniert, die Sendung suggeriere, dass alle kirchlichen Personen «sexuell belastet seien» und bezieht sich damit auf das Thema des Kindesmissbrauchs innerhalb der katholischen Institutionen.
Übersteigerte Wirklichkeit
Daniel Kaufmann, Senior Producer Comedy, verfasste die Stellungnahme für die Redaktion von «Deville». Zunächst fokussiert er sich auf das Format der Sendung. Satire sei ein besonderes Mittel der Meinungsäusserung, bei dem sich die Form bewusst nicht kongruent zu dem verhalte, was sie hinterfragen wolle. Sie übersteigere die Wirklichkeit und verfremde sie, stelle sie um und kehre wieder zu ihr zurück.
Legitime Kritik
So sei in der beanstandeten Sendung nicht der Glaube selbst, sondern die Organisation der katholischen Kirche thematisiert worden. Diese stehe, bei allem Respekt, nicht ausserhalb jeder Kritik. Insbesondere deshalb, weil sie auch weltliche Aktivitäten verfolgt und andererseits auch immer wieder für negative Schlagzeigen sorgt – sei es wegen sexueller Missbräuche oder Finanzskandalen. Wenn in «Deville» über Investments des Vatikans in Immobilien gesprochen wird, dann berühre das keine zentralen Glaubensinhalte, führt Kaufmann weiter aus.
Institutionen sind nicht immun
Ombudsmann Roger Blum stützt die Argumentation von Daniel Kaufmann in seiner Beurteilung der Sendung. Die Devise der Satire ist gemäss Blum, dass eher die Mächtigen aufs Korn genommen werden sollen, als die Schwachen. Weiter muss zwischen dem Glauben und den Institutionen unterschieden werden. Hier folgt der Ombudsmann der Ansicht der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Diese hat in ihrer Rechtsprechung festgehalten, dass der Kern der Glaubensinhalte geschützt sei, dass aber die Amtsträger der Kirche genau so der öffentlichen Kritik (und damit auch der Satire) unterworfen sind wie Amtsträger anderer Institutionen. Als «Kern» der Glaubensinhalte gelten im Katholizismus die Sakramente. Allerdings prüft die UBI hier in jedem Fall wieder neu, ob diese Regel angesichts des gesellschaftlichen Wandels noch gilt. Weil «in der Schweiz mehr als ein Drittel der Ehen geschieden wird (und dass auch in den übrigen Ehen teilweise gestritten, geschlagen, gemordet wird), ist fraglich, ob das Sakrament ‹Ehe› auf Dauer immun bleibt vor satirischem Spott», schreibt der Ombudsmann. So oder so nicht immun sind die Institutionen und die Funktionäre der katholischen Kirche, einer der mächtigsten Institutionen der Welt. Daher kann Blum keine der drei Beanstandungen unterstützen.
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