«Rendez-vous» zu Premier Morrison beanstandet
Gegen einen Beitrag von «Rendez-vous» zum australischen Premierminister und Freikirchler Scott Morrison ging eine Beanstandung ein. Der Beitrag sei nicht sachgerecht und emotionalisiere einseitig – die Ombudsstelle hat sich den Beitrag angehört.
Das Zusammenspiel von Ton und Text eines Radiobeitrags sind von grosser Wichtigkeit. Ein Beanstander hat bei einem «Rendez-vous»-Beitrag zum Thema der Religiosität des australischen Premierministers Morrison im Kontext der australischen Buschfeuer zu Beginn des Jahres 2020 genau hingehört und Kritik angebracht.
Falscher Sprecher
Zu Beginn des Beitrags wird eingeführt, dass man in der Schweiz die Pfingstgemeindekirchen in erster Linie aus den USA kenne, wo Anhänger*innen zu Tausenden in grossen Hallen Gottesdienste feiern. Diese Glaubensgemeinschaft habe auch in Australien ihre Anhängerschaft. Allen voran der wohl prominenteste Gläubige: Scott Morrison, Premierminister des Landes. Im Anschluss wird ein Auszug aus einer Predigt eingespielt, untermalt mit Musik. Hier setzt nun die Kritik des Beanstanders ein. Zu hören sei der Prediger Billy Graham, der Baptistenpastor gewesen sei und nicht der Pfingstbewegung angehört habe.
Keine Besonderheit
Auch der zweite Kritikpunkt betrifft die Kombination von Moderationstext und Toneinspielung: Im Beitrag spricht ein Religionswissenschaftler davon, dass die Pfingstbewegung das sogenannte Jüngste Gericht erwarte. Der Beanstander fand, dass so der Eindruck entstünde, das Weltende sei eine Besonderheit der Pfingstbewegung, was jedoch nicht der Fall ist. Zudem sei die Aussage, dass die Pfingstkirche kein Mitleid für Unterprivilegierte habe, schlicht falsch.
Deplatzierte Sirene
Der zweite Teil des Beitrags bezieht sich auf die Religiosität des australischen Premierministers im Zusammenhang mit den apokalyptisch anmutenden Waldbränden, die zu Beginn des Jahres 2020 auf dem Kontinent wüteten. Vor allem in diesem Kontext sei die Frage laut geworden, ob Morrison eine fatalistische Endzeiteinstellung habe. In der Überleitung zwischen den Informationen zur Pfingstbewegung und den Waldbränden ist eine Feuerwehrsirene zu hören. Diese suggeriere eine Bedrohungslage deren Grund die Religion sei, findet der Beanstander.
Widerspruch der Redaktion
Die Redaktion widerspricht dem Beanstander insbesondere in Bezug auf die Aussagen über die Pfingstbewegung. Im Beitrag werde lediglich gesagt, das Jüngste Gericht sei Teil des Glaubens der Pfingstbewegung. Damit werde keineswegs die Behauptung aufgestellt, dass dieses Ereignis nicht Bestandteil irgendeiner anderen religiösen Strömung sei. Im Zusammenhang mit dem fehlenden Mitleid für die Armen verweist die Redaktion auf die Erfahrung von Urs Wälterlin, der seit Jahrzehnten als Korrespondent in Australien lebt und daher über profunde Landeskenntnisse verfügt. Nach seiner Wahrnehmung gebe es in der australischen Pfingstgemeinde sehr viele Vertreter, die der Ansicht sind, Arme und Schwache seien selbst schuld an ihrer Situation und hätten die Wohlfahrt der Mehrheit nicht verdient. Dies deckt sich zudem mit Äusserungen, die Premier Morrison in Bezug auf Arme und Geflüchtete gemacht hat.
Auditiver Übergang
Der Einspieler der Predigt ist ein Mitschnitt aus einem Film, der auf der Webseite der Freikirche von Premierminister Scott Morrison aufgeschaltet ist. Ob es sich um Graham handelt, kann die Redaktion jedoch weder bestätigen noch falsifizieren. Auch die Sirene diene keineswegs zur Untermalung der Besonderheiten der Pfingstbewegung, sondern stütze den Themenwechsel hin zu den Buschbränden im Beitrag.
Teilweise Unterstützung
Die Ombudsstelle schliesst sich der Argumentation der Redaktion im Zusammenhang mit der Aussage zur Pfingstbewegung an sich uneingeschränkt an. Jedoch übe die Sirene, die bereits beim Wort «Hölle» einsetzt, einen stärkeren Einfluss auf die Wahrnehmung des Publikums aus, als dies von der Redaktion beabsichtigt war. Auch der Auszug aus der Predigt ist nach Meinung der Ombudspersonen ein handwerkliches Versehen. Nachdem es im vorangegangenen Text um Premier Morrison gegangen war, darf der/die Zuschauer*in durchaus erwarten, nun auch seine Stimme und nicht die von jemand anderem zu hören. Obwohl die Ombudsstelle insgesamt keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots feststellen kann, unterstützt sie die Beanstandung teilweise.
Kommentar