Ombudsstelle unterstützt «Kassensturz»-Beanstandungen teilweise
Gegen den «Kassensturz» vom 14. April 2020 gingen zehn Beanstandungen ein. Die sogenannte «Bioresonanztherapie», deren Wirkung stark umstritten ist, sei in der Sendung einseitig dargestellt worden. Die Ombudsstelle kann jedoch keine der Beanstandungen uneingeschränkt unterstützen.
Sie heissen Bio-Scan, Time waver, Bicom oder Global Diagnostics. Die in der Bioresonanztherapie eingesetzten Geräte scannen in ein paar Minuten den Körper, messen das magnetische Feld der Zellen und sagen, bei welchen Körperteilen die Energiefelder im Argen liegen. Das Verfahren ist in der Fachwelt der Wissenschaft verpönt. Es wird jedoch nicht nur von dubiosen Heilern verwendet, sondern auch von Apotheken und Ärzten. Bioresonanz ist in der Zusatzversicherung bei den meisten Krankenkassen anerkannt.
Das Bananen-Experiment
«Kassensturz» fand mehrere Ärzte, die mit derartigen Messgeräten arbeiten. Eine «Kassensturz»-Redaktorin besuchte mit versteckter Kamera eine davon und liess sich testen. Die Resultate verglich sie dann mit einem Test, den sie drei Tage zuvor mit demselben Gerät durchgeführt hatte. Beide Tests zeigten völlig unterschiedliche Ergebnisse. Der «Kassensturz» schloss zudem eine Banane an das Gerät an. Das Gerät zeigte auch hier Messergebnisse an und stellte Probleme fest.
Gegen die Sendung gingen zehn Beanstandungen ein. Insgesamt wurde der Beitrag mehrfach als schlecht recherchiert und tendenziös bezeichnet. Zudem wurde unter anderem das Experiment mit der Banane negativ hervorgehoben. Tatsächlich zeigt das Experiment lediglich, dass das Gerät nicht in der Lage ist, zwischen einem Gegenstand und einem Menschen zu unterscheiden. Was leitet, erzielt Resultate. Im Zusammenhang mit der Bioresonanz ist dies insofern erstaunlich, als dass das Gerät Körperregionen «erkennt» und beispielsweise der Banane Kieferprobleme attestiert hatte. Die Herstellerfirma hatte zudem die Möglichkeit zur Stellungnahme und tat dies schriftlich, womit nach Meinung der Ombudsstelle die journalistische Pflicht der «Kassensturz»-Redaktion erfüllt sei.
Fehlende Erfahrungsberichte
Die Ombudsstelle bemängelt grundsätzlich zwei Dinge. Einerseits fehlen im Beitrag Stimmen von Konsumentinnen und Konsumenten, welche die im «Kassensturz» beschriebene Methode erfahren haben. Wem hat die Diagnose oder die Behandlung geholfen? Wer hat eine Enttäuschung oder eine Falschbehandlung erlebt? Diese verschiedenen Stimmen und Erfahrungen wären zur Meinungsbildung in einem so kritischen Bericht aus Sicht der Ombudsstelle unabdingbar gewesen.
Sprachlich unpräzise
Andererseits bemängelt die Ombudsstelle sprachliche Ungenauigkeiten. Beispielsweise wurde im Beitrag zweimal der Begriff «Betrug» im Zusammenhang mit der Bioresonanz verwendet. Die Aussagen richten sich einmal gegen Vitatec, die Herstellerfirma der Geräte, und einmal an Akademiker*innen, die mit Bioresonanz arbeiten. In beiden Fällen wurden die Vorwürfe nicht von der «Kassensturz»-Redaktion, sondern von Drittpersonen erhoben. Noch vor der Fertigstellung des Schlussberichts wurde die Rechtsvertreterin von Vitatec deswegen bei der Redaktion vorstellig. Im Sinne einer gütlichen Einigung hat «Kassensturz» inzwischen die beiden Passagen, in denen das Wort «Betrug» fiel, aus dem Beitrag entfernt. Die Ombudsstelle begrüsst dieses Vorgehen und bezeichnet die Äusserungen als problematisch. Tatsächlich könne durch das Wort «Betrug» der Eindruck entstehen, dass der «Kassensturz» der Herstellerin bzw. den anwendenden Therapeuten ein strafrechtlich relevantes Verhalten unterstelle. Da die Ombudsstelle jedoch eine Schlichtungsstelle ist, ist sie nicht für die Feststellung allfälliger zivil- oder strafrechtlicher Sachverhalte zuständig. Massgebend ist das Radio- und Fernsehgesetz und darin Art. 4 Abs. 1, wonach alle Sendungen die Grundrechte beachten müssen und die Menschenwürde zu achten ist. Insgesamt kommt die Ombudsstelle zum Schluss, neun von zehn Beanstandungen teilweise zu unterstützen.
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