Viele Beanstandungen gegen «Netz Natur»

Einen Monat vor der Abstimmung zur Jagdgesetzrevision strahlte SRF «Netz Natur – Erklärungen zum Wolf» aus. Gegen die Sendung sind knapp 50 Beanstandungen eingegangen. Die Ombudsstelle ist kritisch, stellt jedoch keine Verletzung des RTVG fest.

Am 27. August 2020 strahlte SRF eine 53-minütige Dokumentation über den Wolf aus. Ziel der Sendung «Netz Natur – Erklärungen zum Wolf» war es, das Verhalten freilebender Wölfe bei ihrer Wiederbesiedlung von Berggebieten der Schweiz nach dem neusten Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse zu beschreiben. Ausserdem ging es auch um den Konflikt eines Teils der Bergbevölkerung mit den Wölfen. Dabei wird insbesondere auch darauf eingegangen, dass die reale Angst vor Wölfen historisch hergeleitet werden kann und gleichzeitig gegenwärtig europaweit nicht durch Wolfsangriffe belegbar ist. Über den Umgang mit dem Wolf wird in der Öffentlichkeit zurzeit emotional diskutiert, weshalb nach Meinung der Redaktion objektiver Informationsbedarf besteht.

Gegen den Dokumentarfilm gingen in der Folge knapp 50 Beanstandungen ein. In der Sendung sei einseitig «pro Wolf» berichtet worden, lautet ein zentraler Vorwurf. Es sei zudem nicht genau erkennbar gewesen, was Fakt und was persönliche Meinung der Redaktion gewesen sei. Gleichzeitig sei die Bergbevölkerung diffamiert und schlechtgeredet worden.

Einmischung in den Abstimmungskampf?

Viel zu reden gab die Sendung auch im Zusammenhang mit dem Sendetermin. Nur einen Monat später wurde in der Schweiz über eine Revision des Jagdgesetzes abgestimmt, die auch den Umgang mit dem Wolf verändert hätte. Bei einer Annahme hätten Wölfe bereits zum Abschuss freigegeben werden können, noch bevor sie einen Schaden angerichtet hätten.

Die Beanstander*innen monierten, dass sich SRF mit «Netz Natur – Erklärungen zum Wolf» einseitig in den Abstimmungskampf eingemischt habe. So seien die Befürworter*innen der Gesetzesrevision in der Sendung nicht zu Wort gekommen.

Sachliche Darstellung der Thematik

Die Redaktion betont in ihrer Stellungnahme, dass man sich der Emotionalität des Themas bewusst gewesen sei. Es sei in der Sendung explizit nicht um journalistische Anklagen oder Enthüllungen gegangen, sondern um das sachgerechte Beschreiben von Fakten und das Aufzeigen von Zusammenhängen und Hintergründe von Konfliktsituationen mit Wölfen.

Der Sendetermin sei bewusst in einer Woche platziert worden, in der verschiedene SRF-Produktionen mit unterschiedlichen Blickwinkeln das Thema «Jagdgesetz» vertieft haben. So gab es beispielsweise eine «Rundschau» und die «Abstimmungs-Arena» zum Thema. Dadurch ist, nach Meinung der Redaktion, eine vielfältige Annäherung an die Thematik gewährleistet worden.

Die Redaktion weist ausserdem den Vorwurf zurück, dass die Bergbevölkerung schlechtgeredet werde. Der Fokus der Sendung lag darauf, Konflikte aufzuzeigen und auch Lösungsansätze zu präsentieren. Es wird anerkannt, dass die Präsenz des Wolfes Konflikte mit sich bringe. Ebenso wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es radikale Perspektiven auf das Thema gibt und dass aus der Emotionalität der Wolfsthematik politisches Kapital geschlagen werde.

SRF berichtete vielfältig

Da in den knapp 50 Beanstandungen mehrheitlich die gleichen Kritikpunkte vorgebracht wurden, verfassten die Ombudspersonen einen einzelnen, zusammenfassenden Schlussbericht.

Nach Meinung der Ombudsstelle ist es verständlich, dass in der Zeit vor Abstimmungen und Wahlen das Publikum auf Sendungen zu Abstimmungsthemen sensibel reagiert. SRF ist verpflichtet, in der Gesamtheit des Programms die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck zu bringen. Diesem Vielfaltsgebot ist SRF nach Meinung der Ombudsstelle im Zusammenhang mit dem Wolf nachgekommen, da das Jagdgesetz in der Woche vom 24. bis 30. August ein Schwerpunktthema war. «Netz Natur – Erklärungen zum Wolf» muss diesem Gebot als einzelne Sendung nicht entsprechen. SRF sei zudem verpflichtet, über gesellschaftlich und politisch relevante Themen zu berichten. Entsprechend seien die Sendung als solche und der Fokus noch keine Einmischung in einen Abstimmungskampf.

Nachvollziehbare Kritik

Dass sich «Netz Natur» dem Thema aus einer biologischen Perspektive annähert und daher eher danach fragt, ob der Wolf genug geschützt wird, als dass der Wolf als verantwortliches Wildtier für die Probleme der Bergbauern dargestellt wird, sei nachvollziehbar und daher kein Mangel, so die Ombudspersonen. Es sei jedoch im vorliegenden Fall nachvollziehbar, dass ein Teil des Publikums sich an gewissen Aussagen in der Sendung stosse. Beispielsweise habe Andreas Moser das Publikum seine Grundhaltung deutlich spüren lassen, als er sagte: «Vielen Leuten ist aber nicht klar, dass es heute bereits nach geltendem Recht möglich ist, Wölfe abzuschiessen, wenn sie viele Schäden bei Nutztieren oder Wildtieren anrichten [...]». Auch wenn dies als sachliche Information gedacht war, kann diese so kurz vor einer Abstimmung nach Meinung der Ombudsstelle als Kontra-Haltung wahrgenommen werden. Denn implizit kann man aus dieser Aussage die Frage ableiten, wozu es denn dann ein neues Gesetz braucht. Die Ombudsstelle kommt zum Schluss, dass einzelne Aussagen in der Sendung als Einmischung in den Wahlkampf empfunden werden können. Einen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeits- oder Vielfaltsgebot stellt sie jedoch nicht fest.

Text: SRG.D/lh

Bild: Illustration Cleverclip

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