Ombudsstelle: Wo fängt die Werbung an?

Gegen drei Formate von SRF sind Beanstandungen wegen «Schleichwerbung» eingegangen. Die Ombudsstelle hat sich die Ausgaben von «Glanz & Gloria», «Sport hautnah» sowie «Sportpanorama plus» angesehen und kommt zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Sommer-Oasen bei «Glanz & Gloria»

Berühmte Schweizer Persönlichkeiten stellten bei «Glanz & Gloria» im Rahmen einer Sommerserie zwischen Juli und August 2020 ihre persönliche «Sommer-Oase» vor. Die Idee war es, dem Publikum Ausflugstipps in der Schweiz zu präsentieren, da das Reisen aufgrund der Corona-Pandemie zeitweise schwierig bis unmöglich geworden war.

Die Sängerin Francine Jordi präsentierte in der «Glanz & Gloria»-Ausgabe vom 15. Juli 2020 die «Schynige Platte». Daran störte sich ein Beanstander, da Jordi einen Werbevertrag mit den Jungfraubahnen habe, die ihrerseits Besitzerinnen der «Schynige Platte» sind. Ausserdem, so der Beanstander weiter, sei im Werbeblock nach der Sendung eine Werbung von Jordi für das Jungfraujoch gezeigt worden.

Fokus auf Kindheitserinnerungen

Der Redaktion war bewusst, dass Francine Jordi für die Jungfraubahnen wirbt. Es sei verbreitet, dass viele berühmte Schweizer Persönlichkeiten einen Werbevertrag mit dem Tourismusverband ihrer Heimatregion haben. Die Redaktion entschied sich dafür, deswegen nicht auf die grossen Namen verzichten zu wollen. In der Produktion sei man bemüht gewesen, den Fokus auf die Natur der Schynige Platte und auf die Kindheitserinnerungen Jordis zu legen und nicht auf das Restaurant und die Verkehrswege, die von den Jungfraubahnen geführt werden. Die Redaktion betont zudem, dass sie keinerlei Einfluss darauf nehmen könne, wann welche Werbungen ausgestrahlt werden.

Keine aufdringliche Werbung

Die Ombudsstelle kommt zum Schluss, dass etwas «Gratis-PR» in Kauf genommen werden muss, wenn es darum geht, dem Publikum eine Region, einen Ort als attraktives Ausflugsziel zu präsentieren. Im vorliegenden Fall erzählt Jordi aus ihrer Kindheit und wird bei einem Tagesausflug begleitet. Der Beitrag komme ohne «Aufdringlichkeiten» aus. Da die Redaktion tatsächlich keinen Einfluss auf die Gestaltung der Werbeblöcke hat, kommt die Ombudsstelle zum Schluss, dass sie die Beanstandung nicht unterstützen kann.

«Sport hautnah»: Sponsor-Produkte im Kühlschrank

In der SRF Sport-Serie «hautnah» filmen Athletinnen und Athleten sich selbst in ihrem Alltag, während des Trainings und dokumentieren persönliche Erlebnisse. Daraus entstanden fünf Folgen zu den Themen Ernährung, Schuhe, Körperkult, Trainer*innen und Erholung. In der Folge zu Ernährung vom 18. Oktober 2020 zeigte Beachvolleyballerin Tanja Hüberli ihren Kühlschrank, in dem viele Caffè Latte von ihrem Sponsor Emmi zu sehen waren. Der Beanstander bemängelt dies als Schleichwerbung oder misslungene Produkteplatzierung.

Nahbarkeit versus Kontrolle

Die Redaktion hebt hervor, dass das spezielle Stilmittel des persönlichen Drehs einerseits einen direkteren Einblick bietet, als dies mit einem Kamerateam vor Ort möglich wäre. Andererseits ist vieles nicht kontrollierbar und nicht alles lasse sich in der Postproduktion korrigieren. Es sei bei diesem Sendungskonzept nicht gänzlich zu verhindern, dass Produkte gezeigt werden, die unter Umständen auch von eigenen Sponsoren kommen können. Wenn immer möglich, werden diese jedoch in der Postproduktion herausgeschnitten oder abgeschwächt. Im vorliegenden Fall, so die Redaktion weiter, habe SRF weder nachgeholfen, Produkte ins Bild zu setzen, noch bestünden irgendwelche Productplacement-Verträge von SRF mit der angesprochenen Firma Emmi.

Keine Produkteplatzierung aber Schleichwerbung

In ihrer Beurteilung des Falls folgt die Ombudsstelle der Argumentation der Redaktion nur teilweise. Es sei allgemein bekannt, dass Sponsoren ihre Werbeträger mit zahlreichen Produkten beliefern und Utensilien zur Verfügung stellen, deshalb überrasche es wenig, dass entsprechende Produkte im Kühlschrank zu sehen seien. Die Art und Weise der Präsentation beurteilen die Ombudsleute aber als verbotene Schleichwerbung

Firmendekor bei «Sportpanorama plus»

Gegen einen Beitrag von «Sportpanorama plus» vom 25. Juli 2020 ging eine Beanstandung wegen angeblicher Schleichwerbung ein. Es handelt sich dabei um ein Interview mit Roger Federer und Nicola Spirig. Dieses fand im gleichen Studio statt wie die Präsentation des neuen «On»-Schuhs «The Roger» von Roger Federer. Das Interview wurde am 6. Juli 2020 am Rande dieser Schuhpräsentation aufgezeichnet. Der Beanstander stellte die Frage, wo die Grenze zwischen Service public und Werbung gezogen werde.

Selbstkritische Redaktion

In ihrer Stellungnahme betonte die Redaktion die ausserordentliche Situation des Interviews. Die SRF-Crew baute die Talkrunde neben dem bereits fix installierten Dekor von «On» auf, arbeitete unter grossem Zeitdruck mit dem Ziel, dass die ausgestellten Schuhe und die mit einem Branding versehenen «On»-Dekorteile möglichst nicht im Bild zu sehen waren, beziehungsweise nicht erkennbar sein werden. Von SRF seien einzig die Sitzgelegenheiten, die aber keinerlei «On»-Branding aufwiesen, direkt fürs Interview verwendet worden. Leider stellte sich nach dem Interview heraus, dass es nicht gelungen war, die Details des Schuhs so auszublenden, wie dies geplant gewesen war. Selbstkritisch gibt die Redaktion jedoch auch zu, dass das nachträgliche «Verpixeln» des Logos in der Postproduktion zu wenig in Betracht gezogen wurde. Abschliessend fügt die Redaktion noch hinzu, dass zwischen SRF und Roger Federer keinerlei Absprachen und Geldflüsse stattgefunden hätten und dass SRF Sport bewusst darauf verzichtet habe, auf die Kollaboration zwischen Federer und der Firma «On» einzugehen.

Der Gesamteindruck zählt

Die Ombudspersonen anerkennen die besonderen Umstände, unter denen das Interview stattgefunden hat. Gemäss Gesetz sei jedoch der Gesamteindruck entscheidend und dieser werde vom Firmendekor stark mitgeprägt. Zudem sei «On» weder inhaltlich noch dramaturgisch in die Sendung miteingebunden. Nach Meinung der Ombudsstelle vermögen die Erläuterungen der Redaktion die Missachtung der gesetzlichen Vorgaben nicht zu rechtfertigen, weshalb sie die Beanstandung unterstützt.

Text: SRG.D/lh

Bild: Illustration Cleverclip

Tags

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Kommentar

Bitte beachten Sie, dass Ihr Kommentar inkl. Name in unserem LINK-Magazin veröffentlicht werden kann

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht

Weitere Neuigkeiten