Religionskritik? «Vetters Töne» zu Corona

Gegen «Vetters Töne» vom 8. August 2020 gingen zwei Beanstandungen ein. Die Kritikerinnen sahen sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Die Ombudsstelle differenziert, kann die Beanstandungen jedoch nicht unterstützen.

Der Mundartkünstler Gabriel Vetter verschnippelt und verschachtelt alle drei Wochen aktuelle Original-Töne und verstaubte Archiv-Aufnahmen von Prominenten aus Politik, Sport und Gesellschaft. Er fügt zusammen, was nicht zusammengehört und kommentiert das satirisch. In der Ausgabe vom 8. August 2020 «Die Arche wartet» ging es um die steigenden Corona-Fallzahlen in der Schweiz und um die Frage nach angemessenen Massnahmen.
Dort kam Gabriel Vetter zum Schluss, der Kampf gegen Corona sei stark katholisch geprägt. Er verglich daraufhin das Weihwasser mit Desinfektionsmittel, die damals bereits geforderte Schliessung von Clubs mit dem karfreitäglichen Tanzverbot und die Impfung mit der Erlösung.

An diesen Vergleichen störten sich nun zwei Beanstanderinnen. Sie verstanden den Beitrag des Satirikers als Angriff gegen die katholische Kirche. Die Religion sei durch die Aussagen lächerlich gemacht worden.

Dramaturgie zu wenig beachtet

Die Redaktion betont in ihrer Stellungnahme, dass sie die Empfindungen der Beanstanderinnen ohne Wenn und Aber respektieren. Sie weisen jedoch darauf hin, dass der Grundaussage des Autors und der Dramaturgie seiner satirischen Kolumne zu wenig Beachtung geschenkt worden sei. Denn tatsächlich sei die Idee, die Corona-Pandemie mit dem Christentum zu verbinden, nicht die des Autors, sondern die der Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Dies wird allerdings erst am Ende des Beitrags deutlich. Sommaruga zog im Rahmen der 1. August-Rede eine Referenz zu Noah, der von Gott auserwählt wurde, die Menschheit zu retten. Konkret sagte sie: «Am liebsten hätte ich die ganze Schweiz aufs Rütli eingeladen. Und ausgerechnet das war dieses Jahr nicht möglich. Ich habe aus allen Teilen der Schweiz je eine Frau und einen Mann eingeladen [...]». Frau Sommaruga, die landesweit für ihre grosse Empathie geschätzt werde, sei dafür nicht kritisiert worden. Auch der Kommentar von Gabriel Vetter sei zwar offenkundig ironisch, aber nicht gehässig.

Grenzen der Satire

Satire – so die Ombudsstelle in ihrer Beurteilung des Dossiers – sei eine besondere Form der Meinungsäusserung und werde individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen. Eine satirische Aussage sei für die einen eine Freude, für andere jedoch eine pure Provokation.

Weiter nehmen die Ombudspersonen Bezug auf die Grenzen der Satire hinsichtlich der Religion. Beim Thema Glauben werde unterschieden zwischen den zentralen Glaubensinhalten (u.a. die Dreifaltigkeit) und den Repräsentanten der Religionen und Glaubensgemeinschaften und ihrem Verhalten. Nur die zentralen Glaubensinhalte sind geschützt. Was jedoch genau dazu gehört, muss nach Meinung der Ombudsstelle in jedem Einzelfall neu beurteilt werden.

Im vorliegenden Fall seien die Vergleiche der katholischen Kirche mit dem «Corona-Kampf» nicht respektlos gegenüber der Kirche. Gegenstand des Beitrags seien nicht die christlichen Symbole selbst, sondern die Symbolkraft. Vetter verknüpfte das Imaginäre einzelner Symbole mit staatlichen Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit Corona. Dies möge absurd wirken – allerdings nur so absurd, wie die Idee der Arche anlässlich der 1. August-Rede von Simonetta Sommaruga. Die Ombudsstelle kommt daher zum Schluss, die Beanstandungen nicht zu unterstützen.

Text: SRG.D/lh

Bild: Illustration Cleverclip

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