Beanstandung: «Comedy Talent Show» höchstens ungeschickt

Eine Beanstanderin findet, dass in der «Comedy Talent Show» geschmacklose Witze über Anaphylaxie (z. B. starke Erdnussallergie) gemacht worden seien. Die Ombudsstelle kommt zu einem anderen Schluss.

Das Satireformat «Comedy Talent Show» bietet eine Plattform für noch nicht so bekannte Komiker*innen aus der Schweiz. Aber auch für gestandene Komikerinnen und Komiker ist es eine Gelegenheit, sich mit ihren Nummern dem Fernsehpublikum zu präsentieren. In der Ausgabe vom 6. September 2020 war unter anderem die Slam-Poetin und Comedienne Miriam Schöb zu Gast. Am Ende ihres Beitrags thematisierte sie Allergien. Dort sagt sie: «Ässet’s eimal es Erdnüssli und dänn chratzet’s halb ab. (...) Scho chli übertribe.»

Persönlich betroffen

Diese Passage sei nicht vertretbar, findet eine Beanstanderin. Niemand suche sich eine Anaphylaxie aus und für die Betroffenen sei eine so einschränkende Allergie alles andere als lustig. Die Beanstanderin spricht dabei aus eigener Erfahrung, da, wie sie schreibt, jemand aus ihrem familiären Umfeld eine Anaphylaxie habe.

Die Redaktion der «Comedy Talent Show» weist in ihrer Stellungnahme zunächst darauf hin, dass es sich um ein Satire-Format handle und führt aus, dass die Karikierung der Wirklichkeit, die Banalisierung und die Übersteigerung Bestandteile satirischer Beiträge seien. Aus programmrechtlicher Sicht sei zentral, dass der satirische Charakter einer Sendung für das Publikum erkennbar ist. Dies sei beim vorliegenden Fall gegeben.

Ironischer Beitrag

Aus Sicht der Redaktion ist der Beitrag von Miriam Schöb klar ironisch. Denn der Mensch, der eine Erdnuss isst und dann allergisch darauf reagiert, könne selber nicht übertreiben. Er sei machtlos. Wenn man den Satz ernst nehmen würde, würde man gleichzeitig der allergischen Person vorwerfen, sie übertreibe, weil sie eine Atemnot produziere, nur weil sie eine Erdnuss gegessen habe. Diesen Vorwurf würde jedoch niemand in aller Ernsthaftigkeit machen – auch Miriam Schöb nicht, folgert die Redaktion.

Es sei klar, dass beim Humor alle Menschen ihre individuelle Schmerzgrenze hätten. Gleichzeitig sei es nachvollziehbar, dass direkt Betroffene an dieser Stelle nicht lachen könnten. Nichtsdestotrotz seien Themen wie Allergien Phänomene unserer Zeit und müssten daher thematisiert werden können.

Ungeschickte Formulierung

Nach Meinung der Ombudsstelle sind die Formulierungen Schöbs etwas ungeschickt. Insbesondere der Zusatz «scho chli übertribe» könne so verstanden werden, dass Schöb den Erdnuss-Allergikern unterstellt, sie würden eine Reaktion gleich als lebensbedrohlich betrachten, was übertrieben sei. Tatsächlich sei es jedoch so, dass schwere Formen dieser Allergie zum Tod führen können. Gleichzeitig habe die Medizin gerade die Erdnussallergie im Griff – mit der richtigen Diagnose und Behandlungsmethode sei sie selten lebensbedrohlich. Wenn Schöb mit «Scho chli übertribe» meine, dass nicht jeder «Kontakt» mit Erdnüssen gleich zum Tod führen müsse, so trifft dies zu, führt die Ombudsstelle weiter aus.

Gleichzeitig könne aber beispielsweise eine nicht diagnostizierte Allergie tragisch enden. In diesem Fall wäre «scho chli übertribe» fehl am Platz. Die Interpretation sei vom Zugang zum Thema abhängig. Die Ombudsstelle versteht, dass direkt Betroffene nicht darüber lachen können. Gleichzeitig stützt sie die Meinung der Redaktion, wonach Allergien als Phänomen unserer Zeit auch satirisch müssen thematisiert werden dürfen. Daher kommen die Ombudspersonen zum Schluss, dass kein Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot gemäss Art. 4 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG vorliegt.

Text: SRG.D/lh

Bild: Illustration Cleverclip

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