Kontroverse um «Maskenverweigerin»
Zwei Beanstander sind der Meinung, «10vor10» habe einer «Maskenverweigerin» unnötigerweise eine Plattform geboten. Dies sei unangebracht in einer Pandemie, die nur gemeinsam und mit ausserordentlichen Massnahmen zu überwinden sei. Die Ombudsstelle kann die Beanstandungen jedoch nicht unterstützen.
Der Aufhänger des «10vor10»-Beitrags war eine Parlamentsdebatte im November 2020. Es ging um die Frage nach Ordnungsbussen von bis zu 300 Schweizer Franken für Leute, die sich der Maskenpflicht widersetzen. «10vor10» liess in der Sendung Politikerinnen ebenso zu Wort kommen, wie eine sogenannte «Maskenverweigerin». Ausserdem wurde gezeigt, wie in Deutschland mit Regelbrüchen in Sachen Corona umgegangen wird.
Gegen die Sendung gingen nun zwei Beanstandungen ein. Der Vorwurf ist weitgehend identisch. Die Kritiker finden es inakzeptabel, dass eine Maskenverweigerin die Möglichkeit erhält, ihre verbotenen Handlungen öffentlich zu präsentieren und zu begründen. Der eine der Beanstander ist zudem der Meinung, dass «10vor10» die Frau ohne Maske kaum kritisch hinterfragt habe. Dadurch sei der Eindruck entstanden, es würde «sich um ein vernachlässigbares Kavaliersdelikt handeln». Für den anderen Beanstander ist der Beitrag ein «Schlag ins Gesicht» für all jene Menschen, die unter dem Virus leiden würden und beispielsweise Angehörige verloren haben.
Keine Verharmlosung
In ihrer Stellungnahme verweist die Redaktion auf die Anmoderation des Beitrags. Allein die Bezeichnung «Maskensünder» zeige, dass das Thema keineswegs verharmlosend dargestellt werde. Die Beanstandung müsse zudem im Kontext der ganzen Sendung gesehen werden. Im Folgebeitrag werde schliesslich gezeigt, wie in Deutschland die Polizei gegen Leute vorgeht, die sich den Corona-Massnahmen widersetzen. Daran werde sichtbar, dass die Verweigerung des Maskentragens keineswegs ein Kavaliersdelikt sei, sondern konsequent geahndet werde. Im Beitrag über die Debatte zu den Ordnungsbussen kämen sowohl Befürworterinnen als auch Gegner zu Wort, da die Meinungen im Parlament relativ weit auseinander gehen.
Journalistische Pflicht
Dass ein kleiner Teil der Bevölkerung versucht, das Maskenobligatorium in Geschäften und im öffentlichen Verkehr zu umgehen, sei eine Tatsache. Deshalb gehöre es zur ausgewogenen journalistischen Berichterstattung, dies sichtbar zu machen. Gleichzeitig betont die Redaktion, dass die porträtierte «Maskenverweigerin» durchaus kritisch befragt werde. Sie werde mehrfach mit Gegenargumenten konfrontiert. So werde sie beispielsweise darauf hingewiesen, dass sie mit ihrem Verhalten potenziell andere Leute gefährde. Dieser Aussage widerspricht die Frau nicht. Die Redaktion ist daher der Meinung, das Thema ausgewogen dargestellt zu haben, so dass sich das Publikum eine Meinung bilden konnte und kommt zum Schluss: «Eine freie Gesellschaft muss auch solche Meinungen aushalten können.»
Belastendes Thema
Dass Fragen rund um Corona grosse Emotionen auslösen können, sei der Redaktion bewusst. Das Verständnis für heftige Reaktionen von Menschen, die Angehörige verloren haben oder sonst unter dem Virus leiden sei gross. Deshalb thematisiere «10vor10» wie auch die anderen Informationssendungen von SRF immer wieder die stark ansteigende Zahl der Fälle von Menschen, die im Zusammenhang mit Covid-19 sterben sowie die Belastung in den Spitälern.
Kontroverse Thematik
Nach Meinung der Ombudsstelle rechtfertigt allein schon der Umstand, dass es «Maskenverweiger*innen» gibt, dass sich «10vor10» mit dem Thema auseinandersetzt. Auch die Debatte im Parlament hinsichtlich der Frage nach Ordnungsbussen sei ein legitimer Aufhänger für einen Beitrag. So werde also nicht der «Maskenverweigerin» eine Plattform geboten, sondern vielmehr einer kontrovers geführten Thematik. Dass die Redaktion im Beitrag mit einer Person spricht, die keine Maske tragen will, liege innerhalb der gestalterischen Freiheit. Ausserdem – so die Ombudspersonen weiter – sei die Redaktion dabei durchaus kritisch vorgegangen.
Abschliessend verweist die Ombudsstelle auf den Moderationstext am Ende des Beitrags, wo es heisst, dass Leute, die keine Masken tragen, gebüsst werden können. Auch wenn die porträtierte Frau sagt, sie würde eine Busse nicht bezahlen wollen, sei klar, dass sie sich damit rechtswidrig verhalten würde. Die Verweigerung der Maskentragpflicht werde also keineswegs als «Kavaliersdelikt» dargestellt, sondern realistisch abgebildet.
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