«Netz Natur»: Trotz Einseitigkeit sachgerecht
Zur Sendung «Netz Natur» vom 10. Dezember 2020 mit der Frage «Ist eine Landwirtschaft ohne Kunstdünger und Pestizide möglich?» wurden sechs Beanstandungen eingereicht, welche die Ombudsstelle jedoch nicht unterstützen kann. Mehrheitlich wurde kritisiert, die Sendung sei einseitig, auf kommende Abstimmungen ausgerichtet und die konventionelle Landwirtschaft werde nur schlecht gemacht.
Die Einseitigkeit wird weder von der Redaktion noch von der Ombudsstelle in Abrede gestellt; aber sie widerspricht auch nicht geltendem Recht. «Netz Natur» berichte mit einem wissenschaftlichen Blickwinkel aus der Perspektive der Natur, argumentiert die Redaktion, und dabei stelle die moderne Landwirtschaft eine ernste Bedrohung der Biodiversität dar.
Ein Beanstander stellt dazu der Ombudsstelle die konkrete Frage, ob anwaltschaftlicher Journalismus denn tatsächlich alle journalistischen Regeln ausser Kraft setzen dürfe. «Natürlich nicht!», ist die klare Antwort der Ombudsstelle und sie präzisiert, SRF dürfe einzelne Sendungen mit klar definiertem, «anwaltschaftlichem» Fokus ausstrahlen (z.B. «Netz Natur» mit dem Fokus Natur, «Kassensturz» mit dem Fokus Konsumentinnen und Konsumenten), im Einzelnen seien die Sendungen aber der Sachgerechtigkeit verpflichtet. SRF habe insgesamt darauf zu achten, dass die Vielfallt der Ansichten im Programm angemessen zum Ausdruck gebracht werde.
Mit dem Vorwurf der Einseitigkeit verweisen die Beanstander*innen auch auf die bevorstehenden Abstimmungen im Juni 2021, die «Trinkwasser-Initiative» und die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide». Die Initiativen aber sind während der ganzen Sendung kein Thema, weshalb dieser Vorwurf für die Ombudsstelle eher gesucht ist.
«Plakativer» Kontrast
Zur Kritik, die konventionelle Landwirtschaft werde schlecht gemacht, meint «Netz Natur»: «Es ist einfach Fakt, der negative Einfluss der konventionellen Landwirtschaft auf die Umwelt ist breit dokumentiert.» In Bildern wird der Kontrast in den Augen der Ombudsleute während den ersten Minuten etwas gar «plakativ» dargestellt: mit filmisch hervorragendem Material, «romantisch verklärend», hinterlegt mit der dazugehörigen Musik, und dem darauffolgenden krassen Gegensatz mit Aufnahmen aus den Anfängen der die Natur zerstörenden industriellen Landwirtschaft, in dunklen Tönen gehalten, mit dramatischer Musik hinterlegt. Das allein ist allerdings nicht gegen das Sachgerechtigkeitsgebot verstossend, bilanziert die Ombudsstelle.
Sachzwänge der Landwirtschaft aufgezeigt
Weiter halten die Ombudsleute fest, dass in der Sendung «Zwischentöne» durchaus auszumachen sind: «Die vier Beispiele der mit alternativen Methoden zugunsten der Biodiversität arbeitenden Bauern erwähnen selbst, wie schwierig die Produktion ist, dass viel Ausschuss anfällt, dass die Rentabilität machbar, aber sehr aufwändig zu erreichen ist, dass sie bei den Grossverteilern keine Chance hätten und ihre Produkte nur über den Direktverkauf an den Mann und die Frau gebracht werden können. Die Zielkonflikte in der Landwirtschaft werden damit von diesen alternativ produzierenden Bauern selbst angesprochen.»
«Andreas Moser war von Anfang an bestimmt bewusst, dass man ihm ‹Schwarz-Weiss›-Malerei» vorwerfen würde», meint die Ombudsstelle, das werde spätestens am Ende der Sendung klar, indem Moser den Sendekritikern mit geschickt formulierten «Fragen» den Wind aus den Segeln nehme: so sager er u.a., dass auch wirtschaftliche Sachzwänge, behördliche Vorschriften und die Konsumentinnen und Konsumenten selbst, die eben die billigeren Produkte kaufen würden für die Probleme in der Landwirtschaft verantwortlich seien; dass die Grossverteiler zwar den Bio-Produkten zum Durchbruch verholfen hätten, die Marge aber nicht an die Bauern weitergegeben würde und dass die Direktzahlungen für die Landwirtschaft von der Politik zu wenig als Steuerungsinstrument zugunsten alternativer Methoden eingesetzt werde. «Die Bauern können nicht anders, selbst wenn sie wollten», sagt Andreas Moser dazu.
Die Ombudsleute kommen zum Schluss, dass es den Zuschauerinnen und Zuschauern innerhalb der anwaltschaftlichen Sendung möglich sei, sich eine eigene Meinung zu bilden. Deshalb können sie die Beanstandungen nicht unterstützen.
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