Kritik an «Kassensturz» nicht fundiert

Der «Kassensturz»-Bericht «Pestizide in Schweizer Wein» vom 8. Dezember 2020 sei unter anderem eine politisch gefärbte Kritik an der Landwirtschaft. Auch die Auswahl der getesteten Weine wird hinterfragt. Die Ombudsstelle kann jedoch die Kritik nicht unterstützen.

Im Zentrum des zweimal beanstandeten Beitrags stand die Frage, wie viele Pestizide im beliebten Konsumprodukt Wein zu finden sind. Für die Untersuchung wurden eine Reihe von Weinen aus konventionellem Anbau sowie Bioweine ausgewählt. Gegen diesen Beitrag mit dem Titel «Pestizide in Schweizer Wein» gingen zwei Beanstandungen ein.

Biomittel statt Pestizide

Aus Sicht des einen Beanstanders war der Beitrag in erster Linie eine Kritik an der konventionellen Landwirtschaft, indem gezeigt worden sei, «dass die konventionelle Landwirtschaft sorglos mit chemischen Pestiziden umgeht». Dies begründet der Kritiker unter anderem damit, dass im Beitrag Archivaufnahmen eines Helikopters gezeigt worden waren, der die Felder besprüht. Der Beitrag suggeriere, dass Pestizide versprüht würden, tatsächlich handle es sich jedoch um Biomittel.

Weiter kritisiert der Beanstander die Auswahl des im Beitrag zitierten Experten. Diesen bezeichnet der Beanstander als «Bio-Lobbyist». Ausserdem sei sein Arbeitsort fälschlicherweise mit ETH angegeben worden.

Der Zeitpunkt der Ausstrahlung ist aus Sicht des Kritikers besonders gravierend, da in der gleichen Woche der Nationalrat in Bern den indirekten Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative behandelt hatte. Daraus schloss der Beanstander, dass es sich «um einen verkappten Versuch der politischen Einflussnahme» handle.

Klassischer Konsumententest

Die Redaktion betont in ihrer Stellungnahme, dass es sich beim beanstandeten Beitrag um einen klassischen Konsumententest handle. Der «Kassensturz» halte sich dabei strikt an das gewohnte Vorgehen und die publizistischen Leitlinien von SRF. Kritisierte Händler erhielten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Ausserdem sei im Beitrag lediglich zwischen Weinen mit mehr und weniger Pestiziden unterschieden worden, nicht aber zwischen konventioneller und Bio-Landwirtschaft. Der Begriff «konventionelle Landwirtschaft» komme im Bericht gar nicht vor.

Biochemiker mit ETH-Abschluss

Für die ungenaue Bezeichnung des Experten entschuldigt sich die Redaktion. Der im Beitrag befragte Biochemiker wurde als «Biochemiker ETH» bezeichnet, ist jedoch effektiv nicht Biochemiker an der ETH. Es sei jedoch darum gegangen, ihn als Biochemiker mit ETH-Abschluss auszuweisen, da diese Berufsbezeichnung nicht gängig und deshalb für das Publikum missverständlich sei. Die Aussagen des Experten seien jedoch keineswegs politisch gefärbt, sondern wissenschaftlich unumstritten. In diesem Zusammenhang weist die Redaktion auch den Vorwurf des Versuchs politischer Einflussnahme zurück. Der Beitrag ziele einzig auf den Konsumentenschutz ab, weshalb keine politischen Fragen diskutiert worden seien.

Initiativen kein Thema

Dieser Argumentation folgt auch die Ombudsstelle: «Kassensturz» spiele im Beitrag weder Anbaumethoden gegeneinander aus, noch seien die bevorstehenden Initiativen – die Trinkwasser-Initiative: «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung - Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» und die Pestizidfrei-Initiative: «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» – Gegenstand der Berichterstattung.

Zu grosses Risiko

Im Zusammenhang mit den Aufnahmen des Helikopters weist die Ombudsstelle darauf hin, dass SRF einen Flug gefilmt hatte, bei dem ungiftige Substanzen versprüht worden sind, weil eine Spritzaktion mit toxischen Substanzen oder auch mit Kupferlösung für den Kameramann schlicht ein zu grosses Risiko der Kontamination bedeutet hätte. Ein Verstoss gegen die Sachgerechtigkeit liege daher nicht vor.

Kritik an der Weinauswahl

Der zweite Beanstander kritisiert, dass in der Auswahl der getesteten Weine ein Produkt zu finden war, das nur im Direktverkauf und nicht im Einzelhandel erhältlich ist.

Die Redaktion schreibt dazu: «Es erscheint uns relevant, wie der Wein der Familie des Landwirtschaftsministers und aktuellen Bundespräsidenten bei diesem politisch relevanten Thema abschneidet.» Die Ombudsstelle kann diese Überlegung nachvollziehen und erachtet den Einbezug des Weins der Familie Parmelin wie die Redaktion als unproblematisch und im Rahmen ihrer journalistischen Freiheit. Ein gezielter Hinweis auf den Wein der Familie Parmelin zu Beginn des Beitrags hätte Klarheit schaffen können. Andererseits hätte der Test damit ungewollt womöglich eine stark politische Note erhalten. So sei der Wein «unauffällig» Teil des Tests und wird sachgerecht bezeichnet.

Weiter kritisiert dieser Beanstander, der «Kassensturz» sage, drei Viertel aller Schweizer Weine würden Rückstände von Pestiziden aufweisen. Der Satz «In drei Vierteln aller Schweizer Weine fand das Labor Pestizidrückstände» fiel als Fazit am Schluss des Tests. Entscheidend seien die Worte «fand das Labor», argumentiert die Ombudsstelle. Damit werde klar zum Ausdruck gebracht, dass sich das Fazit ausschliesslich auf die im Labor getesteten Weine bezieht.

Text: SRG.D/lh

Bild: SRG.D/Illustrationen Cleverclip

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