Sachgerechtes «Echo der Zeit» über Missstände auf Baustellen
Gegen einen Beitrag vom «Echo der Zeit» über die Arbeitssituation von Bauarbeitern während des «Corona-Winters» auf Baustellen ging eine Beanstandung vom Schweizerische Baumeisterverband ein. Der Bericht sei einseitig. Die Ombudsstelle hält die Kritik jedoch für unbegründet.
Das «Echo der Zeit» vom 15. Februar 2021 ging im Beitrag «Baustellenalltag: Schwierige Bedingungen für die Arbeiter» der Frage nach, wie es Bauarbeitern in den Wintermonaten während der Pandemie bei ihrer Arbeit geht. Dafür wurden vier Baustellen besucht, und verschiedene Arbeitnehmer sowie Mitglieder der Gewerkschaft UNIA interviewt. Ebenfalls zu Wort kam Bernhard Salzmann, Vizedirektor des Schweizerischen Baumeisterverbandes.
Perspektive zu einseitig?
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) hat eine Beanstandung gegen diesen Beitrag eingereicht, der – in einer gekürzten Fassung – am selben Tag auch im «lnfo 3 Abend» ausgestrahlt worden ist. Nach Ansicht des SBV war der Bericht einseitig. In erster Linie kritisiert der Verband, dass bewusst mehrheitlich mangelhaft geführte Baustellen besucht worden sind und die Sicht der Baustellenleitung, wie auch die Perspektive von Salzmann im Beitrag zu kurz gekommen sei.
Kontrollorgane untergraben
Der Baumeisterverband bemängelt, dass «trotz des Angebotes auf Zugang anderer Baustellen» nur Orte besucht worden seien, welche durch die Gewerkschaft UNIA ausgewählt worden waren. Es liege auf der Hand, dass dadurch ein verfälschtes, einseitiges Bild entstünde. Der Verband hegt den Verdacht, dass die UNIA die Hoheit über die Kontrollen der Einhaltung von Covid-19-Massnahmen erlangen wolle. Mit diesem gezielt negativen Bericht wolle sie medienwirksam die unabhängigen Kontrollorgane untergraben.
Logische Besetzung
Die Redaktion widerspricht dem SBV in allen Punkten. Die Frage, warum eine Gewerkschaftsvertreterin und nicht einen Baumeister/Unternehmer den Reporter auf die Baustelle begleitet habe, beantwortet die Redaktion mit dem Umkehrschluss: «Wenn der Beitrag die Schwierigkeiten hätte dokumentieren wollen, die sich für Bauunternehmer durch die Pandemie ergeben, wäre es logisch gewesen, der Autor hätte einen Baumeister auf Baustellen begleitet. Entsprechend ist es folgerichtig, dass bei der hier gestellten Kernfrage nach der Situation der Arbeitsnehmer der Baustellenbesuch einer Gewerkschafterin begleitet wurde.»
Corona erschwert die Bedingungen
Auch den Einseitigkeits-Vorwurf negiert die Redaktion. Bereits in der Anmoderation werde klar, dass es sich um «einige Baustellen» handelt. Zudem werde deutlich gemacht, dass die überwiegende Zahl der durch die SUVA kontrollierten Baustellen keine «schweren Mängel» aufweist. Tatsächlich sei es so, dass die Stimmen der Bauarbeiter ein mehrheitlich negatives Bild zeichnen. Dies habe jedoch damit zu tun, dass aus ihrer Sicht die Arbeitssituation insgesamt – über allenfalls fehlende Desinfektionsmittel hinaus – schwierig ist. Beispielsweise, weil Corona ihnen die Möglichkeit von Pausen in einem (geheizten) Restaurant verunmöglicht.
Dass die Gewerkschafterin sagt, es gäbe «zu wenig Kontrollen und zu viele Missstände» ist angesichts der Zahlenverhältnisse (nur 70 «schweren Mängel» bei 10'000 Kontrollen) auch aus Sicht der Redaktion schwer nachvollziehbar. Allerdings gebe es durch die Position der Arbeitgeberseite im Beitrag sehr wohl eine Gegendarstellung. Der Verdacht, wonach die UNIA die Hoheit über die Kontrollen der Einhaltung von Covid-19-Massnahmen erlangen wolle, sei eine reine Interpretation des SBV.
Kein reines Vergnügen
In ihrer Beurteilung der Sendung betont die Ombudsstelle, dass es im beanstandeten Beitrag primär um die Bauarbeitenden und nicht um die für die Baustellen verantwortlichen Unternehmen gehe und dass – insbesondere zu «Corona»-Zeiten - nicht erwartet werden könne, es würden angenehme Verhältnisse für die Bauarbeiter geschildert. Wer im Winter an einer Baustelle vorbeifahre, stelle unschwer fest, dass es kein reines Vergnügen sein kann, bei kalter und schlechter Witterung auf einer Baustelle tätig zu sein. Daher sei die Frage, wie die Bauarbeitenden während der Pandemie mit dieser Situation zurechtkommen, umso berechtigter. Dass in einem Beitrag mit diesem Fokus nicht vier mustergültige Baustellen beschrieben werden, liege auf der Hand und kann nach Ansicht der Ombudspersonen nicht kritisiert werden. Auch wenn «Corona» der Aufhänger der Reportage ist, sei es legitim, auch über verdreckte Toiletten und fehlende Pausenräume zu berichten, was gemäss SUVA, wie man im Beitrag erfahre, nicht unter «schwere Mängel» fällt. Es werden Missstände gezeigt, die gerade zu «Corona»-Zeiten besonders schwer wiegen. Dennoch sei der Beitrag insofern ausgewogen, als der Baumeisterverband in der Person des Vizedirektors zu Wort komme und ein anderes Bild zeichne als die Gewerkschaftssekretärin, welche die Baustellenbesichtigungen begleitet hatte. Die Ombudsstelle lehnt die Beanstandung deshalb ab.
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