Radio SRF 3: sachgerechter Strombericht
Radio SRF 3 habe in den Nachrichten einseitig über die Frage der Nachhaltigkeit der Schweizer Stromgewinnung berichtet, finden zwei Beanstander. Die Ombudsstelle kann jedoch keine Verletzung des Radio- und Fernsehgesetzes feststellen.
Gegen die morgendlichen Radionachrichten von SRF 3 vom 12. Februar 2021 sind zwei Beanstandungen eingegangen. Beide Kritiker monieren, dass sich SRF auf eine WWF-Studie stütze, «deren einziges Ziel im politischen Lobbying liegt» und die von der Moderation als neutrales Dokument präsentiert worden sei.
Fehlende Gegenstimme
Weiter stören sich die Beanstander an der Aussage, wonach der deutsche Strommix immer sauberer werde, sich aber in der Schweiz fast gar nichts verändere. Dabei sei die Stromerzeugung in der Schweiz so CO2-arm wie möglich. Ein Ausbau der Solar- und Windenergie auf Kosten der Atomenergie hätte zur Folge, dass die Schweiz auf Stromimport angewiesen wäre – und ob dieser dann nachhaltig produziert worden sei, sei fraglich. Dieselbe Frage stelle sich nach Meinung der Beanstander generell für die Produktion von nachhaltiger Energie. Insgesamt sei der Beitrag ausserdem einseitig, weil eine Gegenstimme zur WWF-Studie fehle.
Vielfalt der Gesamtheit
Die Redaktion weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass das Thema an diesem Morgen in den Nachrichtenformaten von Radio SRF 3 und SRF 1 in drei verschiedenen Versionen publiziert worden sei: Einerseits in zwei verschiedenen Beitragslängen, gelesen vom Fachredaktor, andererseits als Text des Nachrichtensprechers mit zwei Quotes des WWF-Vertreters. Da die Nachrichtensendung «HeuteMorgen» auf SRF 1 länger dauert als die Früh-Nachrichten auf SRF3, sei in der erstgenannten Sendung die längere Beitragsversion gespielt worden.
Die Redaktion bestreitet nicht, dass in der Nachrichtenausgabe von 08:00 Uhr morgens ausschliesslich der Vertreter von WWF zu hören gewesen ist. Trotzdem sei der Beitrag sachgerecht, weil der klimakritische Aspekt der deutschen Stromproduktion ebenfalls klar und unmissverständlich angesprochen worden sei. Ausserdem seien die in den Beanstandungen geforderten Gegenstimmen explizit in den Nachrichtenausgaben um 07:00 und 08:00 Uhr zu hören gewesen. Denn dort sei neben dem WWF-Vertreter auch der Geschäftsführer von Swiss Oil zu Wort gekommen. Damit sei auch der Vielfaltsanspruch, wie er im Artikel 4 des RTVG formuliert ist, erfüllt: «Konzessionierte Programme müssen in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen.»
Nachvollziehbare Fragen
Die Ombudsstelle kann die Fragen der Beanstander nachvollziehen. Begriffe wie «Strom aus Deutschland», «Kohlekraftwerke», «Solaranlagen», «sauber» bezögen sich jeweils nur auf einen einzelnen Aspekt des Ganzen und seien immer von zahlreichen weiteren Begebenheiten abhängig oder zumindest davon beeinflusst.
Keine Rechtsverletzung
Die Sachgerechtigkeit – so die Ombudsstelle – verlange, dass Beiträge inhaltlich korrekt präsentiert werden. Das Publikum muss sich darauf verlassen können, dass Informationen geprüft sind. Im vorliegenden Fall werde transparent und deutlich gesagt, dass es sich um eine Studie des WWF handelt und damit um eine dem Publikum bekannte, renommierte Natur- und Umweltschutzorganisation. Daher sei es legitim, keine Gegenposition zu zeichnen, da mit der Nennung des WWF auch der Blinkwinkel auf die Materie klar deklariert werde. Das Publikum kann sich also durchaus eine Meinung bilden. Natürlich ist es von Interesse, was andere Organisationen oder Verbände zur Studie sagen. Aber gerade in Nachrichtenformaten können Themen nicht in ihrer Gesamtheit bearbeitet werden. Dies unterscheidet sie auch von Hintergrundmagazinen und Wissenschaftssendungen. Daher besteht im vorliegenden Fall kein Widerspruch zur Sachgerechtigkeit, aber auch nicht zum Vielfaltsgebot. Hier folgt die Ombudsstelle der Argumentation der Redaktion und kommt zum Schluss, dass sie die Beanstandungen nicht unterstützt.
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