«10vor10»: Ombudsstelle stützt Beanstandung

Gegen einen «10vor10»-Beitrag zum Israel-Palästina-Konflikt ging eine Beanstandung ein. Im Beitrag ist Jerusalem als Hauptstadt Israels genannt worden. Die Ombudsstelle heisst die Beanstandung gut.

Die Nachrichtensendung «10vor10» strahlte am 11. Mai 2021 einen Beitrag mit dem Titel «Gewalt im Nahen Osten» über den Israel-Palästina-Konflikt aus. Im Zentrum standen die gewaltsamen Ereignisse der vorangegangenen Tage. Durch zahlreiche palästinensische Raketenangriffe und israelische Vergeltungsbombardements waren mindestens dreissig Menschen getötet und zahlreiche verletzt worden.

Jerusalem nicht anerkannt

Die Beanstanderin störte sich daran, dass Jerusalem im Beitrag als Hauptstadt Israels bezeichnet worden ist. Dabei habe die Schweiz gemäss Informationen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten die Stadt nicht als Hauptstadt anerkannt.

Israel im Fokus

Es sei richtig, dass im Beitrag von Jerusalem als Hauptstadt Israels gesprochen worden sei, schreibt die Redaktion in ihrer Stellungnahme. Konkret ging es um den Satz: «In einigen Fällen flogen Raketen erstmals seit 2014 aber auch in Richtung von Israels Hauptstadt Jerusalem.» In diesem Teil des Beitrags ging es spezifisch um die Folgen der Eskalation für Israel. Für das offizielle Israel sei klar, dass Jerusalem die Hauptstadt ist. Die Redaktion verweist auf einen Entscheid des israelischen Parlaments von 1980, in dem das explizit festgehalten worden ist.

Aber auch in verschiedenen Nachschlagewerken werde Jerusalem als Hauptstadt Israels bezeichnet. Als Beispiel nennt die Redaktion den Duden sowie den Brockhaus, wo Jerusalem als «Stadt in Westasien und Hauptstadt Israels» bezeichnet werde. Des Weiteren weist sie darauf hin, dass es grundsätzlich keine UNO-Anerkennung brauche, damit eine Stadt als Hauptstadt eines Landes gelte. So habe die UNO weder Bern noch Washington als Hauptstadt anerkannt.

Die Redaktion gibt der Beanstanderin jedoch insofern recht, als dass der Status von Jerusalem nach internationalem Recht umstritten ist. Gemäss Völkerrecht gehört nur Westjerusalem zu Israel, Ostjerusalem dagegen nicht. Aus demselben Grund verzichte auch die offizielle Schweiz darauf, Jerusalem als Hauptstadt zu bezeichnen. Da im beanstandeten Beitrag die aktuellen Ereignisse im Nahostkonflikt im Vordergrund standen und in der entsprechenden Passage die Folgen für die israelische Seite beleuchtet wurden, kommt die Redaktion zum Schluss, dass die Bezeichnung Jerusalems als Hauptstadt Israels zwar unpräzise sei, aber «keinen wesentlichen Einfluss auf den Gesamteindruck» gehabt habe.

Mehrheit anerkennt Jerusalem nicht

In ihrer Beurteilung des Dossiers hält die Ombudsstelle fest, dass der Status Jerusalems eine der strittigsten Fragen im Nahost-Konflikt sei. Israel hält den Ostteil der Stadt seit dem Sechstage-Krieg im Jahr 1967 besetzt und die israelische Regierung erklärte Jerusalem 1980 zur «ewigen, unteilbaren Hauptstadt». Dies wird von der internationalen Staatengemeinschaft und der deutlichen Mehrheit ihrer Mitglieder nicht anerkannt. Deshalb sind auch die ausländischen Botschaften in Tel Aviv angesiedelt.

Nicht unerhebliche Aussage

Weiter verweist die Ombudsstelle auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte 2017 verkündet, er werde Jerusalem offiziell als israelische Hauptstadt anerkennen. Die Staatengemeinschaft reagierte heftig auf diese Ankündigung. Fast sämtliche Nationen betonten, dass die Chancen für einen Frieden im Nahen Osten dadurch weiter erschwert würden – und sie behielten recht, wie auch die jüngsten Eskalationen zeigten. Daher sei es auch nicht unerheblich, wenn in einem Bericht über den wieder ausgebrochenen Krieg zwischen den Palästinensern und Israel von Jerusalem als Hauptstadt gesprochen werde, sondern heize im Gegenteil einen bereits enorm spannungsgeladenen Konflikt weiter an. Die Ombudsstelle kommt daher zum Schluss, dass die Aussage nicht sachgerecht gewesen ist und unterstützt die Beanstandung.

Text: SRG.D/lh

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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