Mundart, Missverständnisse und Mythen

Verschiedene SRF-Formate beschäftigen sich mit Schweizerdeutsch – zum Beispiel mit der Frage, warum es so viele Anglizismen und Germanismen gibt und ob diese unsere Dialekte kaputtmachen. Und auch vor dem Gendersternchen schreckt das «Dini Mundart»-Team nicht zurück. Für LINK räumt die SRF-Mundartredaktion mit ein paar Missverständnissen und Dialekt-Mythen auf.

Das Walliser Gericht «Cholera» hat entgegen der weitverbreiteten Meinung nichts mit der Krankheit Cholera zu tun, sondern wurde wohl früher auf Kohlen gebacken.

Wenn man auf dem Markt oder im Laden eine «Guggumere» verlangt, bekommt man in der Deutschschweiz normalerweise eine Salatgurke. Nur nicht in Diepoldsau im St. Galler Rheintal. Denn Löwenzahn – diepoldsauerisch «Guggumere» – kann man nicht kaufen.

Zwischen verschiedenen Dialekten kann es zu Missverständnissen kommen. In der Zentralschweiz heisst «moorä» morgen. In Bern aber ist eine «Moore» eine Sau – und ein Schimpfwort für eine Frau. Wenn nun jemand aus der Zentralschweiz den Satz sagt: «Jetz gaat die moorä uf Züri», dann könnte das in Bern durchaus falsch verstanden werden.

«schlööfle» bedeutet im Berndeutschen Schlittschuh laufen. Von anderen wird «schlööfle» oft als «ein Schläfchen halten» missverstanden.

«Anglizismen bedrohen unsere Sprache!» Nein, ihr Anteil an unserem Wortschatz ist weiterhin sehr klein. Germanismen sind da «gefährlicher», weil sie sich oft unbemerkt ins Schweizerdeutsche «einnisten».

In unserem Wortschatz gibt es viel mehr Wörter aus dem Lateinischen oder Französischen als aus dem Englischen. Die lateinischen Lehnwörter sind einfach oft kaum mehr zu erkennen, zum Beispiel «Strasse», «Küche», «Mauer», «Keller» oder «Fenster».

«Goofe» für Kinder klingt für viele abschätzig, aber in der Ostschweiz ist das ganz neutral und kann sogar liebevoll gemeint sein. Unterschiedlich verstanden wird beispielsweise auch das Verb «hocke» für «sitzen». Im Westen der Deutschschweiz wird es als ganz normal, im Osten eher als vulgär empfunden.

«Unsere schönen Dialekte verschwinden!» Nein (mit ganz wenigen Ausnahmen, wie z. B. Gurinertitsch in Bosco / Gurin). Die Dialekte verändern sich, gleichen sich regional an, aber sie «verschwinden» nicht.

Es gibt keine hässlichen Dialekte. Ostschweizer Dialekte sind nur unter Deutschschweizerinnen und Deutschschweizern unbeliebt – weil wir darauf trainiert werden. Eine wissenschaftliche Untersuchung hat gezeigt, dass Menschen, die kein Schweizerdeutsch verstehen, den Klang von Berndeutsch und Thurgauerdeutsch genau gleich schön (oder unschön) finden.

«huere» kommt sehr wohl von der «Huer» (Prostituierte), nicht, wie viele behaupten, von «unghüür». Ursprünglich anstössige oder sonst negative Wörter werden gerne zur (schlussendlich auch positiven) Verstärkung verwendet: «verdammt», «grüseli», «fucking» usw. Das heute neutrale Verstärkungswort «sehr» bedeutet ursprünglich «wund», «verletzt».

«Dini Mundart» auf vielen Kanälen

«Dini Mundart» steht bei SRF für alles, was mit Dialekt und Sprache zu tun hat. Die Mundartredaktion liefert Wissenswertes und Verblüffendes in verschiedensten Formaten: Der «Dini Mundart»-Podcast von Markus Gasser und Nadia Zollinger sowie das «Dini Mundart»-Webvideo von André Perler geben alle zwei Wochen einen Blick hinter die Kulissen unserer Sprache. Auf Radio SRF 1 gibt es jeden Werktag um 9.40 Uhr Erklärungen zu Mundartausdrücken und Familiennamen.

Am Donnerstagabend, 21.00 Uhr auf Radio SRF 1, tauchen Hörerinnen und Hörer in der Sendung «Dini Mundart Schnabelweid» in die Welt der Dialekte, der Familiennamen und der Mundartliteratur ein. Auf www.srf.ch/mundart und auf der News App gibt es zudem regelmässig Artikel über Dialekt und Sprache zu entdecken. Auf der Facebook-Seite von Radio SRF 1 werden teils angeregte Diskussionen mit der Community um den vermeintlichen Untergang der Mundart geführt.

Text: SRF

Bild: SRF

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